Grüne Liste: Heiz- und Solarexperte Thomas Drewes sagt, wie die Energiewende funktioniert

Bensheim. Wer an die Energiewende denkt, hat meist Windräder und Solarmodule vor Augen. Sie stehen für eine saubere und sichere Alternative zu Kohlekraftwerken und Atommeilern. Angesichts der Erfolge beim Ausbau der erneuerbaren Energien wird jedoch ein Aspekt zu oft vergessen, so der Solarexperte Thomas Drewes: „Deutschland braucht dringend eine Wärmewende, um die Energiewende zu vollenden.“
Denn Wärmebedarf von Wohngebäuden, Büroimmobilien und Industriebetrieben ist enorm, betonte der Bensheimer Heizungsbauer bei einer Veranstaltung der Grünen Liste (GLB) im Dalberger Hof. Ein Blick auf die Fakten zeige, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft den Themen Wärme und Energieeffizienz größere Aufmerksamkeit schenken müssten, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will.

Wärmebedarf deutlich senken
Etwa zwölf Prozent des kompletten Energieverbrauchs eines privaten Durchschnitts-Haushalts entfallen auf die Elektrizität. 17 Prozent auf die Warmwasserbereitung und 71 Prozent auf die Heizung. Laut Drewes müsse man also den Wärmebedarf deutlich senken und die erforderliche Wärme im gleichen Zug effizient und umweltfreundlich über Solarthermie erzeugen.
2011 hatte der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit das Gesetzespaket zur Energiewende beschlossen. Die Stadt Bensheim ist im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative als eine von bundesweit 19 Modellkommunen für einen „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ ausgewählt worden, erinnert die GLB-Fraktionsvorsitzende Doris Sterzelmaier.

Darüber hinaus unterstützt die Kommune über das Förderprogramm Klimaschutz den Bürger bei der Investition in Energieeffizienzmaßnahmen und eine regenerative Stromerzeugung. Dazu gehören unter anderem die Dämmung von Fassaden und der Einbau neuer Fenster.
Seit Februar dieses Jahres fallen darunter auch Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden und Flächen sowie die Entsiegelung von Grund und Boden. Für Solarthermie werden pro Objekt Zuschüsse bis 1000 Euro geleistet. Ebenso für einen Pelletkessel.
In diesem Bereich sind die Preise seit Jahren stabil. Und daran werde sich laut Thomas Drewes auch so rasch nichts ändern. Das Heizen mit Holzreststoffen ist beliebt. Drewes nennt die Vorteile: Pellets verbrennen CO2-neutral, sie stoßen bei ihrer Verbrennung genau die Menge an Kohlendioxid aus, die der Baum zuvor aus der Luft aufgenommen und wieder zu Sauerstoff umgewandelt hat.
Der Preis ist nicht an den Ölpreis gekoppelt, sondern ergibt sich aus Nachfrage und Angebot. Etwa 20 bis 30 Prozent werden bei der Holzverarbeitung zu Spänen und Sägemehl. Daraus werden die Pellets hergestellt.

Schließlich ist Holz ein regionaler Rohstoff: Der Verbraucher unterstütze die regionale Wirtschaft und fördere Arbeitsplätze. Im Gegensatz zu Öl, das verstärkt aus Nahen Osten importiert wird. „Ein Großteil der Wertschöpfung bleibt in der Region.“ Drewes plädiert an die großen Energieversorger, hier aktiver zu werden. „Sie können mehr tun.“

Auch der Photovoltaik-Markt (Strom aus Sonne) in Deutschland bleibt ein Sorgenkind – obwohl die Zahlen 2016 wieder etwas besser ausgefallen sind als im Jahr davor. Entgegen dem globalen Trend schwächelt der Solarmarkt hierzulande sei gut zwei Jahren und bleibt weit hinter den Zielen der Bundesregierung zurück. „Der Markt wächst überall, nur nicht bei uns“, so Thomas Drewes.
Nach dem Solarboom in den Jahren 2010 bis 2012 mit jeweils mehr als 7000 MW Zubau haben die Einschnitte beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) dazu geführt, dass in den letzten beiden Jahren nicht einmal der reduzierte Zielzubau von rund 2500 MW pro Jahr erreicht wurde.
Erkennt der Experte beim Thema Elektromobilität zuvorderst ein ideologisches Problem („E-Autos sind unterm Strich nicht teurer als andere“), hält er die verzögerte Entwicklung bei der Nutzung der Sonne als Energielieferant für die Folge eines Informationsdefizits: Die Bevölkerung sei über Investitionskosten, Fördermittel und Effizienz der Anlagen nicht ausreichend informiert. Hinzu komme, dass Photovoltaik und Solarthermie – in der öffentlichen Diskussion ebenso wie unter Fachleuten – gerne gegeneinander ausgespielt werden.
„Wir sollten beides nutzen“, plädierte Drewes für die Relevanz beider Systeme: Solarthermie ist auf die Wärmebereitstellung beschränkt, während sich Photovoltaik mit einigen Zusatzsystemen für die Strom- und Wärmebereitstellung eignet. Allerdings falle die nötige Fläche für Solarthermieanlagen geringer aus. Bei ausreichendem Budget und Fläche spreche daher wenig gegen eine Doppelnutzung mit beiden Technologien.

Von Thomas Tritsch
Quelle: Starkenburger Echo 13.5.17