Energiewende: Gegenwind von den Verlierern

Die Energiewende spürt auch Gegenwind. Für Hans-Josef Fell liegt die Ursache in erster Linie im Erfolg der Bewegung begründet: Die Kosten der Ökostromerzeugung seien entgegen vieler Prophezeiungen in den Keller gerutscht. „Ohne Ökostrom wäre der Strompreis in Deutschland um 11 Milliarden Euro höher.“

Diese Entwicklung lasse aber auch Verlierer zurück: die großen Konzerne des Atom- und Kohlestroms, die Lieferanten von Erdöl und Erdgas. „Die kämpfen natürlich ums Überleben ihrer Geschäftsmodelle“, so Fell, der von einer millionenschweren Kampagne gegen die Wende spricht. Es werde propagiert, dass die Erneuerbaren eine Belastung für die Gesellschaft seien. „Das ist völlig abstrus.“ Denn je mehr regenerative Energie genutzt werde, desto billiger werde sie. Bei konventionellen Energiequellen sehe es genau umgekehrt aus: Je mehr verbraucht wird, desto knapper und teurer werden sie für den Endverbraucher.

In Deutschland werde die Energiewende vor allem von Stadtwerken, Landwirten, Genossenschaften und Einzelpersonen getragen. „95 Prozent der Investitionen kommen von diesen neuen Marktteilnehmern. Und genau das stört die alten Konzerne.“ Der Anteil von Ökostrom ist von sechs Prozent (2000) auf 17 Prozent im Jahr 2010 gewachsen. Heute beträgt er 32 Prozent. Dies habe damals kaum einer vorhergesagt, so der Grünen-Politiker. Auch das Stromnetz sei dadurch nicht etwa instabiler geworden. „Im Gegenteil.“

Laut Fell stehen die Bürger zu über 80 Prozent hinter der Energiewende. Wenn die Politik den entsprechenden Rahmen setzt, könnte man bis 2025 den Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen beziehen.

Er fordert den kompletten Ausstieg aus fossilen Energien. Und keine Subventionen mehr für Kohle, Öl und Atom. „Es ist doch absurd, dass wir nach Lösungen suchen, um den Klimaschutz zu finanzieren, und gleichzeitig mit viel Geld die klimaschädlichen Brennstoffe fördern.“

„Die Gegner sind oftmals lauter als die Befürworter“, kommentierte Dr. Justus Brans die Kritik an den erneuerbaren Energien. Der Referent aus dem Wirtschaftsministerium bezeichnete die Energiewende als große Chance für deutsche Unternehmen, die in eine zukunftsfähige Branche investieren wollen. Brans und Fell bleiben optimistisch: Aufzuhalten, das betonten beide, sei dieser Prozess längst nicht mehr. tr
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 28.07.2015

Quelle: http://www.morgenweb.de/region/bergstrasser-anzeiger/bensheim/energiewende-gegenwind-von-den-verlierern-1.2355744