Erste Einbürgerungsfeier in Bensheim

In unserem Wahlprogramm 2011 stand: Wir fordern einen jährlichen Einbürgerungsempfang, um diejenigen Bürger der Stadt Bensheim zu begrüßen, die erstmals einen deutschen Pass erhalten haben. Im Koalitionsvertrag konnten wir uns auf einen offiziellen städtischen Einbürgerungsempfang einigen. Am 19.9.2012 war es dann soweit. Unser grüner Stadtrat Adil Oyan konnte zum ersten Einbürgerungsempfang der Stadt Bensheim einladen.Nachfolgend der Zeitungsbericht Quelle: © Bergsträßer Anzeiger, Freitag, 21.09.2012

Gelungene Premiere im Bensheimer Varieté Pegasus / Sympathischer Ausdruck von Interesse und Wertschätzung 33 Fragen pflastern den Weg zu einem deutschen Pass

Am Mittwoch lud die Stadt Bensheim zur ersten Einbürgerungsfeier. Die Kommentare waren durchweg positiv. Viele der knapp 50 anwesenden Eingebürgerten lobten den offiziellen Empfang als sympathischen Ausdruck von Interesse und Wertschätzung. Bensheimer waren sie schon vorher. Zum Teil sind sie hier geboren, leben hier schon viele Jahre, haben deutsche Freunde oder sind gar der Liebe wegen nach Bensheim gekommen. Doch erst mit der Einbürgerung verfügen sie auch über die gleichen Rechte und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Dafür mussten sie nicht nur die Sprache lernen, Unterlagen beschaffen und eine bestimmte Aufenthaltsdauer nachweisen: Beim Einbürgerungstest hatten die Prüflinge mindestens 17 von 33 Fragen aus den Bereichen Politik und Gesellschaft richtig zu beantworten. Fragen, bei denen wahrscheinlich mancher Deutsche ins trudeln geriet, wie nicht nur Carola Heimann mutmaßte. Bensheim sei eine weltoffene Stadt mit einem multikulturell reichhaltigen Angebot. Man verstehe sich als bunt und gastfreundlich. „Jede Form von Monokultur laugt den Boden aus und verhindert die Entstehung von Neuem“, so die Stadtverordnetenvorsteherin. „Wir sind für die da“, betonte Bürgermeister Thorsten Herrmann.

Ernste Worte von Adil Oyan
„Sie alle gehören zu uns. Jeder einzelne von Ihnen ist eine Bereicherung“, brachte es die Fraa vun Bensem Doris Walter während des Abends am schönsten auf den Punkt. „Für uns ist jeder gleich.“ Großer Applaus für den Auftritt der lokalen Symbolfigur, deren Dialekt-Sound im international besetzten Pegasus nicht jeder verstanden hat. Das eingebaute „Willkommen“ klang indes für alle Ohren durch.

„Mit der deutschen Staatsbürgerschaft werden sie nicht gefeit sein vor dem alltäglichen Rassismus, den es hier und da leider gibt“, sprach Stadtrat Adil Oyan gleich ein ernstes Thema an. „Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Ich weiß, wovon ich rede“, kommentierte er. Der Stadtrat ist Sohn türkischer Eltern. Ein aktueller Bezug schwang ebenfalls mit: Vor vier Wochen marschierte eine braune Herde durch die Bensheimer Innenstadt. Auch der Ordnungsdezernent musste sich danach Kritik gefallen lassen. Umso stärker und signalhafter betonte er die Möglichkeit, sich gegen jede Form von Diskriminierung wehren zu können. Ein deutscher Pass bedeute Wahlrecht – und damit auch aktive Mitbestimmung.

Die Einbürgerung bezeichnete Oyan nicht als Abkehr der individuellen Vergangenheit, von Familiengeschichte, Kultur und Herkunft. Vielmehr sei Sie Ausdruck einer persönlichen Entscheidung und auch einer gewissen Verbundenheit mit der Stadt Bensheim. Zu einem Zugehörigkeitsgefühl gehöre auch die Bereitschaft, dazugehören zu wollen. „Das haben sie alle bereits bewiesen.“

Letztlich gehe es nicht darum, woher jemand kommt, sondern wohin man gemeinsam möchte. Andere Kulturen, Traditionen und Sprachen seien eine Bereicherung für das städtische Leben. Der Stadtrat motivierte die Neubürger, sich aktiv einzumischen. Nicht nur politisch, auch in Initiativen, Vereinen und Verbänden sei gesellschaftliche Teilhabe wertvoll und unersetzlich.

Begleitet wurde der rundum gelungene Festakt vom jungen Percussionensemble der Musikschule Bensheim unter der Leitung von Helmut Karas, die betont internationale Klänge servierte. Garniert wurde der Abend von einem Piano-Solo von Olga Manzke, die Beethovens „Für Elise“ spielte. „Ein liebevolles Fest“, bilanzierte die Wahl-Bensheimerin. Auch die Jazztanzgruppe No Name des TSV Reichenbach hatte einen großen Auftritt.

Umgehört: Einbürgerungsfeier kommt durchweg gut an
Faiqa Khan stammt aus Pakistan und lebt seit 1999 in Deutschland. Aus Baden-Württemberg kam sie vor sieben Jahren nach Bensheim, wo sie ihren Mann geheiratet hat. Hier hat sie ihren Schulabschluss nachgeholt und ein Berufsvorbereitungsjahr absolviert. Zur Einbürgerungsfeier kam sie mit den Kindern, vier und sechs Jahre alt. „Eine tolle Veranstaltung, die unbedingt weiter geführt werden sollte“, sagte sie.

Vor acht Jahren hat sich Kouider Smaili in Bensheim niedergelassen. Seine Ausbildung bei einem Sicherheitsdienst hat der gebürtige Marokkaner abgeschlossen. Den 33 Fragen umfassenden Einbürgerungstest kommentiert der 44-Jährige, der hervorragend Deutsch spricht, als machbare Prüfung. Der Wahl-Bensheimer hofft, dass die Einbürgerungsfeier keine Eintagsfliege bleibt: „Die Veranstaltung sollte sich entwickeln. Beim Thema Integration gibt es noch so viel zu tun.“

Jüngster Gast im Pegasus war Liva Canoglu. Zwar hat die kleine Dame nicht viel mitbekommen, doch sie war unüberhörbar. Eine Willkommensfeier ohne Baby-Sound wäre ohnehin nur eine halbe Sache. Liva ist zwei Monate jung, die Schwester von Elia (zweieinhalb) und Töchterchen von Derya Canoglu. Die Mutter ist im Odenwald geboren und mit zwei Jahren nach Istanbul gezogen. Mit 14 kam sie zurück ins Hessische, später nach Bayern und wieder retour. Vor vier Jahren ist die Familie in Bensheim angekommen. Ihr Mann ist Unternehmer. „Man trifft viele Bekannte hier“, so Canoglu.

Ihre Freundin Filiz Rausch, ebenfalls türkischstämmig, spricht von einem „langen Weg“ bis zur deutschen Staatsbürgerschaft. „Es ist anstrengend und sehr bürokratisch.“ Die Einbürgerungsfeier sieht sie auch als Würdigung jener, die es letztlich geschafft haben.

Urtina Huskaj besucht die siebte Klasse des Goethe-Gymnasiums. Sie nutzte den Abend, um auf der Varieté-Bühne ihren Eltern zu danken – mit einem Gedicht. „Ich wurde in Bensheim ungeheuer herzlich aufgenommen. Kindergarten und Grundschule waren wunderbare Jahre“, resümiert die Zwölfjährige, die in Heppenheim geboren ist, erwachsen. „Ich finde es toll, dass die Stadt an den neuen Bürgern interessiert ist“, kommentiert die Schülerin die Veranstaltung weiter. Vater Ardian stammt aus dem Kosovo und lebt seit 20 Jahren in Bensheim. „Wir fühlen uns hier sehr wohl.“