Vom Versuch, mit nationalistischen Stammtischparolen Politik zu machen

Kommentar zur AfD-Fraktion in Bensheim

Höchstes Gut einer Demokratie ist die freie Wahl – darin sind sich die Vorstandsmitglieder der Bensheimer Grünen einig. In den verschiedenen Wahlkampagnen versuchen die Parteien, die Bürgerinnen und Bürger von ihren Standpunkten zu überzeugen und die Stimme der Wahlberechtigten zu erhalten. Dieser Wählerwille und seine Zusammensetzung sorgt dann für die Gestaltung eines Parlaments.

Im Bensheimer Stadtparlament kommt es nun seit der letzten Kommunalwahl zu Veränderungen, die so nicht den Wählerwillen abbilden und sogar das Wahlergebnis verzerren: Die Fraktion der AfD versuchte im Wahlkampf, mit Stammtischparolen zu überzeugen, sie polarisierte, sprach den anderen demokratischen Parteien ab, in den letzten Jahren sinnvolle und zielführende politische Arbeit geleistet zu haben. Doch nun, anderthalb Jahre nach der Kommunalwahl, ist keiner der ehemals aufgestellten Kandidaten bereit, politisch zu arbeiten.

Die AfD hat bei der letzten Kommunalwahl sechs Sitze im Bensheimer Stadtparlament erreicht. Nach nun etwa einem Viertel der Wahlperiode kann die AfD nur noch vier davon besetzen.

Zum einen ist ein Stadtverordneter aus der AfD ausgetreten und mit Mandat zur FDP übergewechselt. Dem Wahlergebnis nach kommen der FDP drei Sitze im Stadtparlament zu, nun haben die Liberalen vier Sitze.

Zum anderen ist ein Stadtverordneter aus Bensheim verzogen und es zeigte sich nur keiner der Nachrücker bereit, das Mandat zu übernehmen. Aus diesem Grund besteht das Stadtparlament nun nur noch aus 44 statt aus 45 Sitzen. Entspricht das dem Wählerwillen? „Eindeutig nicht“, so GLB-Sprecherin Birgit Rinke. „Als Vorstand der Grünen Liste Bensheim fragen wir uns nach den Gründen: Kam etwa doch die Erkenntnis durch, dass Kommunalpolitik harte und zeitintensive Arbeit ist? Oder dass Stammtischparolen noch kein Wahlprogramm ausmachen und die versprochenen Wahlziele der AfD nicht umsetzbar sind? Wie ernst gemeint waren also die Kandidaturen der AfD-Liste? Und was wurde den Wählerinnen und Wählern im Wahlkampf vorgegaukelt?“
Parolen vs. Politik

Wie die AfD dies bewertet? Der AfD-Kreisvorstand sorgt sich nach dem Übertritt Tobias Fischers zur FDP nicht etwa um den Wählerwillen, sondern um die Fördermittel in vierstelliger Höhe, die der AfD dadurch verloren gingen. Zu betonen, dass der Wähler dies nicht gewollt habe, scheint ihm wichtiger zu sein als die Wahrung der Sitzverteilung.

„Wir möchten mit Nachdruck festhalten, dass bereits eine Kandidatur für ein politisches Mandat etwas ist, mit dem nicht leichtfertig umgegangen werden darf. Ein Mandat trägt unserem Verständnis nach dazu bei, eine breitere Diskussion innerhalb einer Fraktion zu ermöglichen. Allerdings sind dann Sachthemen gefragt – und keine Parolen“, führt Sprecherin Vanessa Vogel aus.

Die Grünen warnen weiter vor den rechten Tendenzen innerhalb der AfD: „Als Bürgernähe getarnte Stammtischparolen sind keine verantwortungsvolle Politik. Statt Neid und Spaltung zu schüren, muss vielmehr Hilfe für Schwächere, Menschlichkeit und Anstand die Maxime des politischen Handelns sein“, stellt Sprecherin Charlotte von Hauff abschließend fest.