Wohnungsbau wird zur Sozialpolitik

Streetworker – Grüne Liste informiert sich bei Björn Metzgen-Meuer über die Brennpunkte in

BENSHEIM. Auf ihrer Sommertour schauten Mitglieder der Grünen Liste Bensheim (GLB) beim städtischen Streetworker vorbei. Er berichtete, wie er versucht, soziale Probleme zu lösen.

Die Szene kennt ihn. Der Streetworker Björn Metzgen-Meuer ist ein Anker für all diejenigen, die in Bensheim im sozialen Schatten leben: Menschen auf Platte und ohne Dach über dem Kopf, die ihre Schwierigkeiten vielfach mit Drogen zu verdrängen versuchen, oder diejenigen, die ein äußerst bescheidenes Dasein auf dem Niveau der Sozialhilfe fristen. Björn Metzgen-Meuer wird im Weststadtquartier geschätzt, wie die GLB-Fraktion mit ihrer Vorsitzenden Doris Sterzelmaier bei einem Rundgang durch das Viertel erlebte. Hier ein freundliches „Wie geht’s?“ von Bewohnern der Elbestraße, dort ein nettes „Hallo“ aus dem Treff der Obdachlosen. Selbst sie schienen es ihm nicht übel zu nehmen, als er am Dienstag mit der zehnköpfigen Gruppe in ihre kleine Schutzzone in einem versteckten Winkel hinter einem Supermarkt „einbrach“; ebenso wenig die einstige Bewohnerin des ehemaligen Marokko-Viertels, die bereitwillig das Gartentor öffnete. Zusammen mit ihrer Hausgemeinschaft hat sie ein Fleckchen Hinterhof mit ein paar Blumen und viel Nippes geschmückt. Nichts Kunstvolles, nichts Spektakuläres und schon gar nichts Teures, aber dennoch schien hier ein zartes Pflänzchen für eine häusliche Umgebung an der Elbestraße aufzublühen. Metzgen-Meuer betonte, dass sein Büro an der Rheingasse am richtigen Ort platziert sei. In dem Haus Nummer 12 bildet er in einer Bürogemeinschaft mit der Schuldnerberatung und dem Jugendmigrationsdienst der Diakonie eine Anlaufstelle mit Schnittstellen in der Arbeit für das Gemeinwesen. „Unser Ziel ist es, Menschen zu integrieren und nicht zu separieren“, erklärte er und erläuterte die zwei Seiten seiner Tätigkeit. Zum einen: Zu ihm kommen Ratsuchende, die in einer sozialen Zwickmühle stecken, aus der sie sich nicht selbst befreien können. Sie brauchen seine Hilfe. Ein Problem kristallisierte sich in diesem Jahr besonders heraus: Verstärkt suchten ihn Sozialhilfeempfänger auf, denen die Kosten für Strom und Heizung aus dem Ruder gelaufen waren. Bei der Aufforderung zu einer heftigen Nachzahlung mussten sie kapitulieren. In 14 Fällen versuchte der Streetworker Wogen zu glätten, als bereits der Strom abgestellt war.

Mieter mit Kindern plötzlich ohne Strom

Das Problem tauchte vor allem bei Bewohnern der 50er-Jahre-Bauten auf, die wenig wärmegedämmt und mit veralteter Technik ausgestattet sind. Die Betroffenen zogen ihn allerdings erst zurate, als das Kind schon in den Brunnen gefallen und der Strom abgeschaltet worden war. Den Streetworker beunruhigt ein neuerliches gerichtliches Urteil, das eine Stromsperre als rechtmäßig eingestuft hatte, obwohl Kinder mit im Haushalt lebten. Er hofft, dass der juristische Entscheid, gegen den Wohlfahrtsverbände bereits Widerspruch eingelegt hätten, kein Präzedenzfall wird. Um eine bessere Lösung im Umgang mit der „zweiten Miete“ will sich die Fraktion mit der Vorsitzenden Doris Sterzelmaier zügig auseinandersetzen. Der Rundgang durch das Quartier bestätigte, wie wichtig ein sozialer Wohnungsbau ist. Das ehemalige Kasernengelände steht zum Verkauf und könnte die Grundlage für ein Konzept sein. Konkrete Pläne für einen L-förmigen Gebäudekomplex liegen am Spielplatz an der Elbestraße vor. Dort herrschte am Abend reges Treiben. Hier die kleinen Bobby-Car-Flitzer und dort die ambitionierten Fußballer. „Sie brauchen diesen Platz“, gab Metzgen-Meuer zu bedenken. Zum anderen: Schwerpunkt des Streetworkers ist die „aufsuchende Tätigkeit“. Er geht zu den Cliquen und Szenen, dorthin, wo sie sich aufhalten. Als er 2006 die Arbeit in der Diakonie aufnahm, habe er eineinhalb Jahre gebraucht, bis ihn seine Klientel akzeptierte. Er ging zu ihnen, respektierte sie und erntete Achtung, obwohl er nicht Teil ihres Systems war. Wer an seinem täglichen Räderwerk drehen und eventuell den schwierigen Abschied von der Gruppe und der Drogenabhängigkeit antreten will, weiß den Streetworker als Wegweiser an seiner Seite.
moni/ü, Quelle: Starkenburger Echo 8.8.2014

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