Gedenkfeier der GLB für die Opfer der Kirchbergmorde im März 1945

Die diesjährige Rede hielt Herr Stadtrat Oyan (Grüne)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich darf Sie hier zur Gedenkveranstaltung der Kirchbergmorde begrüßen. Wir möchten hier und heute an die Opfer des Nationalsozialismus in Bensheim erinnern.

Die Grüne Liste Bensheim/GLB veranstaltet diese Gedenkfeier am Ort der Kirchbergmorde seit vielen Jahren als Alternative zu den offiziellen Feiern zum Volkstrauertag auf den Kriegsgräberstätten.

Die sogenannten Kirchbergmorde stehen in Bensheim als Symbol für die Verbrechen des Naziregimes. Weder sollten wir solche Ereignisse vergessen noch dürfen wir die Opfer vergessen.

Dazu darf ich den Künstler Gunter Demnig zitieren:
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“
Zu Herrn Demnig werde ich noch zurückkommen.

Es geht bei unserem Gedenken also um zweierlei: Nicht die Menschen zu vergessen, denen dieses schreckliche Schicksal widerfahren ist. Und es war ein Schicksal, wie es in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges vielen widerfahren ist. Und es geht darum nicht zu vergessen, dass Nationalsozialismus keine Ideologie ist, sondern ein Verbrechen.

Hier sind die Namen jener zwölf Menschen festgehalten, die die Gestapo drei Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner aus dem inzwischen abgerissenen Gefängnis im Hof des alten Amtsgerichts holte und dann zur Hinrichtung führte. Ihr Weg führte sie vorbei an der Gestapo-Zentrale in der ehemaligen Taubstummenanstalt bis zur Kirchbergstraße hinauf, durch die Ernst-Ludwig-Straße bis hin zu dem steilen Anstieg auf den Kirchberg am Metzendorfbrunnen, Ecke Dürerstraße.

Dort wagen kurz vor Kriegsende der Russe Alex Romanow und die Offenbacherin Gretel Maraldo einen fast hoffnungslosen Fluchtversuch. Während Romanow mit einem Wadenschuss die Flucht gelingt, bleibt Gretel Maraldo tödlich getroffen zurück.

Der Rest der Gefangenen wird von den Gestapo-Schergen in den Brunnenweg getrieben. Am Nachmittag des 23. März 1945 werden die Franzosen Eugene Dumas und Lothaire Delaunay, der Niederländer Frederik Roolker, Rosa Bertram, Erich Salomon, Walter Hangen, Lina Bechstein, Jakob Gramlich, und drei bis heute nicht identifizierte Gefangene einer nach dem anderen mit Genickschüssen hingerichtet. Auch der Pole Johann Goral wird von hinten erschossen. Aber Goral wird nur verletzt und stellt sich tot. In einem unbeobachteten Augenblick schlüpft er aus seinem Mantel und rettet sich in den Wald.

Die Menschen wurden erschossen, weil sie jüdischer Abstammung waren oder Kriegsgefangene, oder Zwangsarbeiter, weil sie den Krieg nicht weiter mitmachen wollten oder weil sie ganz einfach denunziert worden waren. Weil so etwas nie wieder passieren darf, dürfen wir diese Menschen nicht vergessen.

Dafür Gedenken wir alljährlich den sogenannten „Kirchbergmorden“ An dieser Stelle erscheint es angebracht aufzuzählen, was in Bensheim an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert:
– Gedenktafel der Opfer am Kirchberg
– Gedenktafel der Opfer von Zwangsarbeitern außerhalb des Auerbacher Friedhofs
– Mahnmal der ehem. Synagoge
– der Bendheim-Platz
– Stolpersteine an verschiedenen Stellen in der Stadt – und es wurden erst am vergangenen Freitag weitere 13 Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle den Schülerinnen und Schülern des AKG und Herrn Referendar Alexander Regel, der diese dazu motivierte im Schulprojekt „Bensheim in der Zeit des Nationalsozialismus“ mitzuarbeiten, danken!

– Magistrat und Stadtverordnetenversammlung haben einstimmig eine Erklärung gegen rechtsextreme Aktivitäten in der Stadt beschlossen!

Gerade der letzte Punkt – rechtsextreme Aktivitäten – ist von großer Bedeutung. Denn das ist ein Thema, das immer wiederkehrende Diskussionen hervorruft, das Aufklärung bedarf, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Dazu gehört Courage! Das Ziel gemeinsam dagegen etwas zu tun. Nicht Wegsehen, sondern Handeln! Daran muss gearbeitet werden.

Und in dieser Beziehung bin ich zuversichtlich. Wie Sie wissen, fand erst Ende August diesen Jahres eine Demonstration mit Kundgebung von Neonazis statt, die die Meinungsfreiheit für das verbreiten Ihres Gedankengutes missbrauchen, während sie selber von Meinungsfreiheit für andersdenkende nicht viel halten.

Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass wir alles mögliche tun, damit so etwas in dieser Form nicht mehr stattfinden kann, aber die Demokratie und die Meinungsfreiheit ist unser höchstes Gut und das dürfen wir nicht diesem verbrecherischen Gedankengut opfern.

Ich will damit sagen, es ist immer eine Gratwanderung wenn es darum geht, jemanden seine freie Meinungsäußerung zu verbieten. Die öffentlichen Reaktionen auf diese „Veranstaltung“ haben aber gezeigt, dass es den Bensheimerinnen und Bensheimern alles andere als Egal ist was diese rechtsradikalen Zeitgenossen veranstalten. Und das ist gut so!

Und wenn sich heuer die Vorkommnisse in Hoyerswerda zum 21. und die in Rostock-Lichtenhagen zum 20. mal jähren, die NSU Morde nichts an Aktualität verloren haben, zeigt uns das nur, dass wir – leider – immer noch auf der Hut sein müssen.

Ich danke Ihnen und bitte nun um ein kurzes Gedenken