Redebeitrag von Hille Krämer in der StVV vom 18.3.2010 zum SPD-Antrag „Armutsbericht 2010 für die Stadt Bensheim“

Es wird beantragt, dass der Magistrat eine Sozialberichtserstattung über Ausmaß und Formen von Armut in Bensheim erstellt.

Einige 100 Städte, vor allem in NRW, haben in den vergangenen Jahren solche kommunalen Armutsberichte veröffentlicht. Ziel solcher Bestandsaufnahmen: Sie sollten der Armutsbekämpfung dienen; sie tun dies aber nicht automatisch, solche Berichte können auch der Stabilisierung und einer effizienteren Verwaltung dienen, wie die Untersuchung der Universität Göttingen von Hans-Dieter von Frieling „Armut und Agenda 2010“ darlegt. Sozialreformerische Armutsberichte gibt es in der BRD seit Mitte der 80er Jahre auf kommunaler Ebene, die bekanntesten sind vom DGB und von den Wohlfahrtsverbänden.

Auf der Fachtagung der Liga der freien Wohlfahrtsverbände im Januar dieses Jahres in Lorsch stellte Dr. Wolfgang Gern, Sprecher der Armutskonferenz, die Forderungen der nationalen Armutskonferenz zum Europäischen Jahr 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung vor. In Gerechtigkeit sei zu investieren. Sieben Forderungen werden dazu gestellt, die ich befürworte, die aber nicht in kommunaler Kompetenz liegen: Sicherung eines bedarfsdeckenden Existenzminimums, gesetzlicher, armutsfester Mindestlohn, angemessene Kindergrundsicherung, kostenfreie Bildungsangebote, solidarisch finanzierte Krankenversicherung u. a. Eine gerechtere Verteilung ist notwendig, auch um den sozialen Frieden zu sichern. Zuständig sind Bund, Land und in beschränktem Umfang auch der Kreis. In unserer kommunalen Kompetenz liegen leider nur zusätzliche Hilfsangebote.

Die GLB unterstützt den Antrag, dass ein Armutsbericht für die Stadt Bensheim erstellt werden soll. Dieser Bericht müsste in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden, um den kommunalen Behörden und Hilfsorganisationen Grundlagen für die Organisation und Gestaltung örtlicher Hilfssysteme gezielt zu ermöglichen. Dabei ist mir bewusst, dass es eigentlich in unserem reichen Land ein ungeheurer Skandal ist, dass wir Tafeln und all die Hilfen brauchen. Trotzdem bin ich froh, dass es Tafeln gibt und arbeite auch gerne persönlich mit! Wir brauchen all die ergänzenden Armutsinitiativen, die Bensheim in seinem „Hilfskatalog“ anbietet. Das Bensheimer Netz ist schon sehr umfassend und wir unterstützen es sehr.

Der Armutsbericht soll intern von der Verwaltung erarbeitet werden. „Aufstocker“ sollen im Bericht berücksichtigt werden, denn Armut beginnt leider nicht erst mit der Arbeitslosigkeit, sondern mit den immer niedriger werdenden Arbeitslöhnen, die oft nicht zum Leben ausreichen. Deshalb unterstützen wir die Forderung nach einem Mindestlohn. Arbeit muss so entlohnt werden, dass der Arbeitnehmer und seine Kinder davon leben können.

Wir, die Stadtverordneten der CDU-GLB-Koalition, beantragen, den Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen; dort soll der Armutsbericht der Verwaltung diskutiert und abschließend beraten werden.
Zusätzliche Maßnahmen sind dort zu benennen und einzubringen.