Artikel „Kreiskrankenhaus steht wieder auf gesunden Beinen“ im BA am 2. März 2006
Artikel „Zusammenarbeit schon gescheitert ?“ im BA am 4. März 2006
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrter Herr Apfel,
Ihr Befremden über die Äußerungen der Herren Jürgen Lehmberg und Dr. Michael Meister, die ihnen in der Berichterstattung des Bergsträßer Anzeigers zum politischen Aschermittwoch der Kreis-CDU (BA vom 2.März: „Kreiskrankenhaus steht wieder auf gesunden Beinen“) zugeschrieben werden, teilen wir in vollem Umfang.
Dass Herr Lehmberg seine Freude über die angeblich mustergültige Neuausrichtung des Kreiskrankenhauses mit dem an die Stiftung Heilig-Geist-Hospital Bensheim und die Katholischen Klinikverbund Südhessen gGmbH gerichteten Vorwurf der fehlenden Kooperationsbereitschaft verbindet, kann nur dem Wahlkampf geschuldet sein. Wir können seine Angaben jedenfalls nicht bestätigen.
Richtig ist stattdessen, dass Herr Lehmberg während des gesamten Kooperationsprozesses leider jegliche Bereitschaft hat vermissen lassen, die angestrebte partnerschaftliche Kooperation tatsächlich zu verwirklichen. Entgegen seinen öffentlichen Verlautbarungen und trotz anderslautender schriftlicher und mündlicher Vereinbarungen sahen seine Vorstellungen eine Kooperation nur zu seinen Bedingungen vor, die auf eine weitere Zentralisierung der medizinischen Versorgung beim Kreiskrankenhaus bei gleichzeitiger Reduzierung der Leistungen in den Krankenhäusern in Bensheim, Lampertheim und Viernheim abzielte.
Diese Leistungsreduzierung wäre kurz- bis mittelfristig auf die Schließung der Häuser hinausgelaufen. Damit konnten wir uns in unserer Verantwortung für die Patienten und die Mitarbeiter der teilweise schon seit vielen Jahrhunderten am jeweiligen Ort bestehenden Häuser selbstverständlich nicht einverstanden erklären. Die Vorstellungen der katholischen Träger sahen und sehen stattdessen durch den Weiterbetrieb aller Häuser eine flächendeckende medizinische Versorgung im Kreisgebiet vor. Zur Vermeidung von aufwändigen Konkurrenzsituationen der unmittelbar benachbarten Akutkrankenhäuser in Heppenheim und Bensheim war es das zentrale Anliegen der Stiftung Heilig-Geist-Hospital Bensheim, das medizinische Leistungsangebot zwischen den Krankenhäusern abzustimmen, um durch Schwerpunktbildung einen wirtschaftlicheren Betrieb beider Häuser zu ermöglichen.
Am 25. Februar 2005 wurde mit Herrn Lehmberg deswegen ausdrücklich vereinbart, dass die Geschäftsführer beider Krankenhäuser ein Modell für die Leistungsabstimmung der Krankenhäuser in Bensheim und Heppenheim erarbeiten sollten. Nach Sichtung beider Vorschläge erklärte sich die Stiftung, um den Kooperationsprozess zu fördern, unumwunden sogar mit dem Vorschlag des Kreiskrankenhauses einverstanden. Statt dieses Konzept umzusetzen, wurde die Stiftung in der nächsten Trägersitzung am 10. März 2005 von Herrn Lehmberg darüber in Kenntnis gesetzt, dass zuvor ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen eingeholt werden müsse. Bei dem von Herrn Sträter, dem Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses, präsentierten Modell habe es sich nur um dessen Gedankenspiele gehandelt. Das Gutachten müsse die alternativen Schwerpunktkombinationen auf Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Bedarfsgerechtigkeit untersuchen.
Obwohl dies der Vereinbarung vom 25. Februar 2005 widersprach und den Kooperationsprozess weiter zu verzögern drohte, erklärte sich die Stiftung auch noch mit der Begutachtung einverstanden. Das Gutachten liegt bis heute nicht vor.
In der Zwischenzeit wurde im Kreiskrankenhaus nicht nur entgegen der schriftlichen Vereinbarung vom 14. Dezember 2004, die die Träger wechselseitig u. a. verpflichtete, Chefarztpositionen während des laufenden Kooperationsprozesses nur im Einvernehmen der anderen Träger zu besetzen, die Position des Chefarztes der Inneren Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie gegen den ausdrücklichen Willen der katholischen Träger neu besetzt. Diese hatten die Entscheidung erst treffen wollen, nachdem die Leistungsbestimmung vorgenommen sein würde, und haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sowohl in Bensheim als auch in Lampertheim Gastroenterologen Chefärzte sind, und auch in Viernheim die Innere Medizin fachärztlich gastroenterologisch ausgeprägt ist.
Auch andere Chancen der Kooperation wurden seitens des Kreises verweigert. Hierzu einige Beispiele. Diese demonstrieren in hinreichender Klarheit, dass der Kreis eine Kooperation nicht will.
Für das Heppenheimer Krankenhaus bestand oder besteht die Notwendigkeit einer Erneuerung der dortigen Zentralsterilisation. Das von uns unterbreitete Angebot, im Rahmen der Neubaumaßnahme die Zentralsterilisation am Bensheimer Krankenhaus so zu dimensionieren, dass damit beide Krankenhäuser bedient werden könnten, wurde nicht angenommen, obgleich das Land Hessen laut Auskunft der Förderbehörde auch aus Kostengründen gerne bereit gewesen wäre, diese Lösung mit zu finanzieren. Schon am 27. Februar 2004 hatte das Heilig-Geist-Hospital dem Kreiskrankenhaus die Aufbereitung von Sterilgut schriftlich angeboten.
Bei der Privatisierung der Röntgenabteilung des Kreiskrankenhauses hatte sich auch die bereits am Bensheimer Krankenhaus etablierte Röntgen-Gemeinschaftspraxis um Zulassung am Heppenheimer Krankenhaus bemüht (Schreiben vom 13. Oktober 2004), allerdings ohne Erfolg. Das damit mögliche Röntgenaufkommen hätte die Praxis wirtschaftlich in die Lage versetzt, auch außerhalb der üblichen Praxiszeiten, d.h. rund-um-die-Uhr, für die Krankenhäuser leistungsbereit zu sein; die teure medizin-technische Ausstattung der Praxis an den Krankenhäusern wäre gemeinsam nutzbar gewesen. Für die medizinische Versorgung der Patienten des Kreises Bergstraße wäre dies nur von Vorteil gewesen. Die bestehende langfristige vertragliche Bindung mit dem Heilig-Geist-Hospital war allem Anschein nach aus Sicht des Kreises aber kein Vorteil, sondern ein Nachteil.
Selbst an der Zusammenlegung der Krankenpflegeschulen beteiligte sich der Kreis nicht. Hier bestand die Möglichkeit, dass sich sogar drei Krankenhäuser, nämlich auch noch das Zentrum für Soziale Psychiatrie in Heppenheim, in diesem Punkt zusammenschließen. Jetzt wird die Krankenpflegeschule vom Zentrum für Soziale Psychiatrie und dem Heilig-Geist-Hospital Bensheim in Heppenheim innerhalb einer Akademie gemeinsam betrieben.
Die Bereitschaft des Kreises zur partnerschaftlichen Kooperation, die laut Herrn Dr. Meister angeboten worden sein soll, hat es tatsächlich nie gegeben. Die Behauptung, dass das Klima frostiger geworden sei, seit die Diözese Mainz mit ihrem Klinikverbund unter Einbeziehung des Kreiskrankenhauses Offenbach die Geschäftsgrundlage verändert habe, ist in mehrfacher Hinsicht falsch:
Die Katholischer Klinikverbund Südhessen gemeinnützige GmbH ist eine Gründung der Stiftung Heilig-Geist-Hospital Bensheim, die auch weiterhin alleiniger Gesellschafter ist. Die Diözese ist an dem Klinikverbund nicht beteiligt. Der Klinikverbund ist Eigentümer und Träger von derzeit drei Krankenhäusern in Bensheim, Lampertheim und Offenbach. Mit dem St. Josef Krankenhaus in Viernheim besteht ein Betriebsführungsvertrag.
Die damals beabsichtigte Übergabe des Ketteler-Krankenhauses (nicht des nicht existierenden Kreiskrankenhauses) Offenbach von der Caritas-Werk St. Martin gGmbH an den neugegründeten Klinikverbund ist Herrn Lehmberg bereits seit spätestens Anfang 2005 bekannt gewesen. Bedenken hat er deswegen nie geäußert, an seinen (Lippen-)Bekenntnissen zur Kooperation hat dies nie etwas geändert. Warum dies hinderlich sein sollte für eine Kooperation der Krankenhäuser im Kreis Bergstraße, ist auch nicht nachvollziehbar. Einen Sinn macht die jetzt geäußerte Verärgerung darüber allerdings dann, wenn Herr Lehmberg seine wahre Absicht gefährdet sähe, die Krankenhäuser in Bensheim, Lampertheim und Viernheim in die Knie zu zwingen. Allem Anschein nach hat Herr Lehmberg angesichts der Größe des Ketteler-Krankenhauses in Offenbach von 222 Betten Zweifel, dass der Atem des Kreiskrankenhauses vielleicht doch nicht lang genug sein könnte, sein Ziel zu erreichen.
Wir erlauben uns, diesen Brief in Ablichtung an den Bergsträßer Anzeiger zu senden. Auch Ihnen wird die Veröffentlichung dieses Briefes anheim gestellt.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Pfarrer Thomas Groß
Vorsitzender des Stiftungsrates
Heilig-Geist-Hospital Bensheim
Bernhard Franzreb
Geschäftsführer
Katholischer Klinikverbund Südhessen gemeinnützige GmbH, Bensheim