Sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
sehr geehrter Herr / Frau Vorsitzender,
Die Chancen des Stadtumbau West haben wir bereits in vorangegangen Sitzungen
gestreift, ich erinnere in diesem Zusammenhang an unseren Beitrag zum Thema
Güterbahnhof. Das West im Namen des Stadtumbau – Förderprogramms für die „alten Länder“
bekommt jetzt doch Bedeutung: Nämlich für die im Westen der Stadt gelegenen
Bereiche, wobei der genaue Geltungsbereich von der Stadtverordnetenversammlung
bis Ende 2005 noch festzulegen ist.
Ich möchte gerne ein paar Bemerkungen zum Programm Stadtumbau West machen. Dies betrifft die
- Chancen
- Umsetzung / Strategien
- Organisation
Prägender Faktor in der Geschichte städtischer Siedlungsformen ist, dass sie einem ständigen Strukturwandel unterworfen sind. Im Moment ist die „demographische Veränderung“ als Schlagwort in aller Munde.
Um größere räumliche, wirtschaftliche und soziale Reibungen durch den Wechsel in unseren Strukturen zu vermeiden, müssen wir uns verschiedenen Veränderungen stellen.
Diesen Wandel nicht als Verlust, sondern als Chance auf einen Gewinn von Lebensqualität und örtlicher Attraktivität zu erkennen -und offensiv zu vertreten- soll uns das Förderprogramm Stadtumbau West ermöglichen.
Chancen
Wie sehen wir wirtschaftliche Chancen?
Negativ Stichworte dazu: Arbeitslosigkeit, wachsende Abhängigkeit von städtischen
Leistungen, durch geringere örtliche Kaufkraft sind die lokalen Unternehmen
betroffen, die wiederum keinen Absatz haben – dadurch bedingt ergibt sich eine
weitere Verschlechterung des Angebotes und in Folge noch weniger Arbeitsplätze.
erhebliche Folgen des demographischen Wandels auf unser Renten- und
Sozialversicherungssystem.
Eine Beschäftigung mit unserer Wohnungswirtschaft tut Not!
- Die Mietzahlungsfähigkeit schwindet und der Modernisierungs- und
Instandhaltungsbedarf steigt. Der Leerstand von Wohnungen beschränkt
Wohnungsanbieter in ihrem Anlagespielraum. - Die Armut des öffentlichen Haushalts erschwert es, die notwendigen Anpassungen durch investive Maßnahmen durchzuführen. Die eingangs erwähnten Transferleistungen wie Sozialhilfe, Wohngeld usw. verhindern notwendige Investitionen in die Zukunft.
- Die Sicherung des bisherigen Standortvorteils der Stadt mit einem dichten Netz an städtischer Infrastruktur muss als Argument gegen weitere Abwanderung erkannt werden.
Wie sehen wir die sozialen Chancen?
Negativ Stichworte hierzu:
Rückläufige Bevölkerungszahlen, fehlende Arbeitsplatzangebote, Ausdünnungsprozesse in den Städten, schlechte Wohnungen, stigmatisierte Standorte.
Eine Beschäftigung mit unseren Wohnumfeldern tut Not.
- Die sich verändernde demographische Lage ist mit ihren kulturellen Auswirkungen noch nicht erfasst. Es ist aber angesichts der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft davon auszugehen, dass das gewohnte Wohnumfeld, die Erhaltung wohnungsnaher Infrastruktur und die Wahrung gewachsener Strukturen eine zunehmende Wertschätzung erfahren. Die Sicherung einer bedarfsgerechten Infrastruktur nimmt hier eine Schlüsselrolle ein!
- Ein rückläufiges Mietniveau in der Innenstadt kann ermöglichen wieder dort zu wohnen und die Chancen für neue Formen der Selbstständigkeit erweitern .
Wie sehen wir die ökologischen Chancen?
Negativ Stichworte hierzu: Abriss – schlummernde Zwischenlager von Sondermüll,
Freisetzung problematischer Baustoffe, Grenzen der Entsorgung
Eine Beschäftigung mit unserer Wohnqualität tut Not!
- Eindämmung des (zusätzlichen) Flächenverbrauchs. Flächenpotentiale der vorhandenen Brachflächen müssen vorrangig vor Neuausweisungen genutzt werden.
- Schaffung von Freiraum- und Umfeldqualität erhöht die Kinder- bzw. Familienfreundlichkeit.
- Neuorientierung vom Neubau zum Bestand. Die ökologisch orientierte Bestandssicherung erzeugt nicht nur bessere Wohnverhältnisse, sondern bietet zudem örtlichen Handwerksbetrieben eine gute Einkommensbasis und kann neue Arbeitsplätze schaffen.
Umsetzung /Strategien
Zur Umsetzung sieht das Förderprogramm Strategien vor, die einzeln oder im
Verbund miteinander genutzt werden können. Diese sind uns allen bekannt und auch
in Bensheim schon angewandt worden.
- Modernisierung (vorhandene Nutzung wird gestärkt und an neuzeitliche Standards angepasst). Bereits vorhandene Beispiele in der Weststadt: Der Wohnblock in der Riedstraße ehemaliger Handelshof Einkaufsmarkt. Heute sind Eigentumswohnungen.
- Nutzungswandel (durch Neubau auf gleichem Gelände)
Ein Beispiel: nicht zeitgemäße Altenheime werden durch Seniorenwohnungen
zur Förderung selbständiger Lebensführung ersetzt.
Bereits vorhandene Beispiele in der Weststadt:- Gelände der Firma Kreuzer Grabsteine wurde in eine Reihenhaussiedlung umgewandelt.
- Gelände der Gärtnerei Roth in der Rheinstraße wird zur Zeit umgewandelt in teils
Wohnbebauung Einzel- und Mehrfamilienhäuser und neue Gewerbeansiedlung. - Sanierungsbedürftiges Hallenbad wurde auf gleichem Gelände neu gebaut und das Freibad
saniert - Firmengelände Simon wurde zu neuem OBI
- Nutzungsänderungen
Bausubstanz bleibt weitgehend erhalten und wird neuen Ansprüchen
angepasst. Leerstehende Wohnungen Umwandlung in andere Wohnformen.
Bereits vorhandene Beispiele in der Weststadt:
Altes Raiffeisenlager/Turm an der Wormser Straße wurde Treff -Hotel - Aufbewahren mit offenen Nutzungsoptionen
Leerstehende Objekte und brachgefallene Grundstücke werden für spätere
Verwendung vorgehalten.
Bereits vorhandene Beispiele in der Weststadt:
Das Gelände der heutigen FSG wurde jahrelang für Sport und Freizeiteinrichtungen reserviert.
Das alte Bundeswehrdepot und das Güterbahnhofgelände wird für neue Überplanung
reserviert. - Renaturierung
Bereits vorhandene Beispiele in der Weststadt:
Das Gelände der alten Abdeckerei (die hier sog. Gulasch) am Autobahnohr.
Das Gelände entlang des Meerbaches südl. Sirona (oft Ausgleichsflächen lt.
Bebauungsplänen).
Verschiedene Flächen in den Tongruben, Wasserstände werden hier wieder angehoben und
ausgebaggert.
Im weiteren Sinne auch der alte Festplatz an der Taunusstraße.
Lassen Sie uns diese städtebauliche Herausforderung annehmen!
Die Strategie ist darauf zu richten, die Konsequenzen gewandelter
Nutzungsansprüche an den Raum anzunehmen und behutsam umzusetzen. Es ist
nicht mehr ausreichend Eingriffe vorzunehmen, das „Strategisches Konzept“ als
Langzeitprogramm ist gefordert. Unsere Zukunftsstrategien sollten nicht auf
Reparaturen beschränkt sein, ein Stadtentwicklungskonzept welches einen
ressourcenbewussten Umgang mit unserem städtischen Lebensraum als Maßstab
erhebt, ist gefragt.
Dieses Leitbild für Bensheim und Auerbach zu erstellen, hat uns Herr Strauch im
Februar d. J. zugesagt.
Organisation
In den Pilotstädten werden von Bund und Ländern geförderte Maßnahmen
durchgeführt, konzeptionelle und investive Kosten werden übernommen.
(Beispiele für Kostenübernahmen aus den verschiedenen Pilotstädten:
Öffentlichkeits- und Beteiligunsarbeit im Stadtumbau-Prozess,
Wohnungsmarktanalysen, Telefon-Haushaltsbefragungen, usw.)
Das Förderprogramm ist langfristig angelegt. Der Bund wird bis 2007 insges. 40 Mio
Euro, 2008 58 Mio Euro und ab 2009 86 Mio Euro jrl zur Verfügung stellen.
Der Stadtumbau in Hessen startet mit einem Kapital von 6,115 Mio. Euro in drei
Modellstädten.
Stadtentwicklungsaufgaben im Zusammenhang mit dem demographischem Wandel
werden unterstützt. Unter dem Motto “Stadtentwicklung ohne Wachstum“ wird auf
sich abzeichnende Entwicklungstendenzen reagiert.
Die Stadt Bensheim stellt in diesem Jahr für das Programm ca. 160 TEURO zur
Verfügung. Für den „Stadtumbau West “ stehen 44 % Eigenmittel den 56 %
Fördermitteln gegenüber zur Verfügung.
Kurz eingehen möchte ich in diesem Zusammenhang auf die gestern in der Presse
zu lesenden Aussagen, dass eine Menge Mut dazugehöre, Risiken einzugehen.
Die Finanzierung des Stadtumbau West fällt in den Vermögenshaushalt, die
Deckungslücke im Verwaltungshaushalt hat nichts mit dem Stadtumbau West zu tun.
Ja, ich finde auch: es gehört Mut dazu Risiken anzupacken und wir wollen die
Chance nicht verstreichen lassen, hier Dinge anzupacken, die wir kurz- oder
längerfristig sowieso hätten aufgreifen müssen. Wir sehen diese Form von Mut als
eine Investition in unsere Zukunft.
Wir wollen heute die langfristigen Ziele, die auf Grundlage der Problemlagen im
Gebiet der Weststadt, mit den Mittel aus dem Stadtumbau-West Programm verfolgt
und umgesetzt werden können, beschließen . Der genaue Geltungsbereich wird
noch bis zum Ende diesen Jahres von uns beschlossen werden.
Wir bitten um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.