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Leserbrief von Dr.Johannes Krämer für den BA anlässlich des Themas Platanen am Rinnentor (der Leserbrief wurde im BA an entsprechender Stelle gekürzt, deshalb veröffentlichen wir ihn hier vollständig)

„Bensheimer Schmierenkomödie“

Eigentlich wollte ich es „Polit-Theater“ nennen, aber dazu habe ich eine viel zu hohe Achtung vor dem Begriff des Theaters und auch Politik ist mir mehr eine mit Sinn verbundene zielgerichtete Handlungsweise. Hier wird aber mit verfälschten Rollen und gezinkten Karten gespielt.

Als Leser des BA hatte man in der letzten Zeit den Eindruck, als wäre hier eine grüne Stadtverordnete, die auf die schönen Platanen in der Stadt losgehen wollte (Was stört Sie an den drei Bäumen, Frau Adam, BA vom 28.8.07), ganz so als wäre sie Bürgermeisterin, die nun allerdings den gerechten Volkszorn auf sich zieht. Ich weiß nicht, ob die Bürgerinnen und Bürger, die die Listen gegen die Baumfällung unterschrieben haben, sich noch bewusst waren, wie es dazu kam: Nur zur Erinnerung: In der gleichen Zeitung ging vor einigen Monaten eine schleichende Panik um wegen der bedrohlich anwachsenden Kriminalität an bestimmten Orten in Bensheim: Die Stadt muss endlich was tun! So wurde also das Sicherheitskonzept erarbeitet und im Juli allen Parteien vorgestellt und das beinhaltete das Fällen mehrerer Platanen. Da die GLB das nicht hinnehmen wollte, wurde (wie üblich in einer Koalition) verhandelt. Erst als das Ergebnis im BA verkündet wurde und durch die Art, wie es verkündet wurde, weckte dieses Vorhaben den Volkszorn, der ja durchaus berechtigt erschien, ich selbst bin auch der Meinung, dass man Kriminalität nicht mit Baumfällen oder Beseitigung von Böschungen bekämpfen sollte.

Kompliziert wurde die Sache jedoch dadurch, dass die SPD schnell aufsprang und die Stimmung für sich nutzen wollte. Dass das nicht so ernst gemeint sein konnte, sieht man daran, dass in Fehlheim gerade mit Zustimmung des Ortsbeiratsvorsitzenden (SPD) fünf Platanen gefällt wurden, und wenn die grüne Vertreterin Adam nicht gerade in der entsprechenden Ortsbeiratssitzung anwesend gewesen wäre, wäre der Fest-Platz in Fehlheim jetzt kahl; ob es doch noch zur Fällung kommt, ist noch immer nicht klar: Wo bleiben Leserbriefe und Unterschriftenaktionen und SPD-Proteste? Wenn übrigens die von der SPD immer noch befürwortete Straße nach Fehlheim gebaut worden wäre, hätte das mehr bedeutet als einige Bäume zu fällen. Aber offenbar ist die Politik der SPD hauptsächlich darauf aus, kurzfristig Stimmungen auszunützen. Mich wundert, dass sich das bei Wahlen nie so richtig auszahlt.

Dabei ist das Muster des Spiels schon sattsam bekannt: Nach der vorletzten Kommunalwahl haben CDU und GLB nach intensiven Beratungen und schriftlichen Vereinbarungen zu einer Koalition zusammen gefunden. Die übrigen Parteien bekämpfen seitdem diese Koalition und weil es am einfachsten ist, bekämpfen sie den kleineren Koalitionspartner, denn eigentlich wollen sie ja alle es mit dem größeren nicht verderben, weil sie ja selbst gerne drin wären. Die GLB bekämpft man natürlich am besten, indem man ihr Programm durchforstet und Anträge stellt, denen die Grünen eigentlich zustimmen müssten, es aber nicht können mit Rücksicht auf die Koalition. So wird jeder Grüne immer wieder vor eine Zerreißprobe gestellt: Mal sehn, denken sich die Gegenspieler, wie lange die das durchhalten. Viel Erfolg hat diese Taktik bisher nicht gehabt, wie man aus den Ergebnissen der letzten Kommunalwahl ersehen kann.

Nun ist aber mit dem ehemals sehr aktiven Grünen Franz Apfel ein neuer Akteur aufgetreten, durch seine Vergangenheit geradezu prädestiniert für diese Rolle, da er natürlich genau weiß, wie sich seine ehemaligen Weggefährten verhalten müssen in einer Koalition, die er selbst propagiert und bis vor kurzem überzeugt praktiziert hat. Frei von jeder Bindung an eine Partei oder Fraktion oder gar Koalition kann er andrerseits immer der schnellste sein, da er sich ja nicht mit abstimmen muss, sondern, sobald er eine Idee hat, diese in die Öffentlichkeit bringen, zumal ihm außer dem BA auch lokale Werbeblättchen offen stehen. Er wendet nun die oben beschriebene Taktik, unter der er jahrelang zu leiden hatte und die er leidenschaftlich bekämpfte, gegen seine langjährigen Weggefährten selbst an. Alles, was ihm Sympathien bei bestimmten Teilen der Bevölkerung einzubringen verspricht, bringt er groß in die Öffentlichkeit, vor allem um zu demonstrieren, dass die GLB ja eigentlich nicht grüne Politik mache.

Ich folgere daraus für die Zukunft: Etwas mehr politische Vernunft und nachhaltiges ziviles Verhalten täte in Bensheim not. So sollte z.B. der Bürgermeister bzw. der Magistrat die Vorhaben, die er auf den Weg bringt, auch selbst verantworten und es nicht ausgerechnet den grünen Stadtverordneten überlassen, in diesem Fall das Fällen von Bäumen in der aufgebrachten Öffentlichkeit zu vertreten. Es sollte auch möglich sein, dass die GLB - durchaus mit Rücksicht auf die Koalition, die meiner Meinung nach für Bensheim viel Gutes bewirken konnte - ihren eigenen Standpunkt öffentlich deutlich machen kann, damit die Bürgerinnen und Bürger sich ein begründetes Urteil über die politischen Verhältnisse bilden können.

Dr. Johannes Krämer, Postgasse 4


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