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Bebauungspläne BS 5 „Reiterhof“ und BS 6 „Am Schlosspark“ in Bensheim-Schönberg 

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren, 

am liebsten hätte die Grüne Liste Bensheim keine Aussiedlung des Schönberger Reiterhofs. Am liebsten hätte sie auch keine Wohnbebauung auf dem jetzigen Reiterhofgelände – der ehemaligen Meierei des Schönberger Schlosses.
Wäre es also richtig gewesen, einfach alle Beschlussvorlagen in dieser Sache abzulehnen? Könnten wir damit die Aussiedlung des Reiterhofs verhindern? 

Blicken wir einmal zurück: Am 16. Dezember 2004 antwortete der Kreisausschuss dem Kreistags-Abgeordneten Franz Apfel auf eine Anfrage zur Aussiedlung des Reiterhofs von Holtum ins Landschaftsschutzgebiet:
„Mit Datum vom 9.8.2004 wurde eine Bauvoranfrage eingereicht. Die Genehmigungsbehörde beabsichtigt in Kürze einen positiven Vorbescheid zu erteilen.“ 

Und:
„Das versagte Einvernehmen der Stadt Bensheim zu der Bauvoranfrage wurde durch die Genehmigungsbehörde gemäß § 36 Abs.2 Satz3 des BauGB in Verbindung mit § 19 Abs.2a der Verordnung zur Durchführung des BauGB unter Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs.2 Nr.4 der Verwaltungsgerichtsordnung ersetzt.“

Und schließlich:
„Das Vorhaben ist zu genehmigen, da die Voraussetzungen des §35 Abs.1 des BauGB vorliegen.“

Gegen diese Ankündigung des Kreises hat die Stadt Bensheim geklagt.

Mit Aussicht auf Erfolg konnte die Stadt das aber nur machen mit der Einleitung eines Bebauungsplan-Verfahrens für die Aussiedlung auf eine weniger exponierte Fläche.
Es ist sehr schwer, einem Landwirt generell die Aussiedlung zu untersagen. Allerdings müssen bei der Planung des konkreten Aussiedlungsstandorts Belange des Landschaftsschutzes berücksichtigt werden.
Dem Reiterhof vor Gericht generell die landwirtschaftliche Privilegierung zu bestreiten, wäre für die Stadt zu riskant gewesen. Hätte der Reiterhofbetreiber den Prozess gewonnen, so hätte er ins Landschaftsschutzgebiet bauen dürfen. Das wäre der größte anzunehmende Unfall! 

So musste eine Auffanglinie gefunden werden: Aussiedlung ja, aber auf eine weniger gut einsehbare Fläche außerhalb des Landschaftsschutzgebiets und mit strikten Auflagen für den Betreiber. 
Für die geplante Wohnbebauung auf dem heutigen Reiterhofgelände mussten wir ebenfalls abwägen: Die Begründung eines Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vom Februar 2003) zur Doppelhausbebauung Ecke Nussallee/Am Schlosspark machte es sehr wahrscheinlich, dass auf dem Gelände des jetzigen Reiterhofs eine Wohnbebauung nach § 34 BauGB zulässig wäre und nicht versagt werden könnte. Deshalb haben wir uns zu einem Bebauungsplan-Verfahren entschlossen, bei dem strengere Auflagen gemacht werden können. 

Versagt haben wir uns allerdings dem Anliegen, das Gebiet dieses Bebauungsplans auf die Seite des Bachtals auszudehnen, auf dem die jetzige Reithalle steht. In einem Bescheid des Regierungspräsidiums (vom April 2002) wurde dieses Gelände als Außenbereich nach § 35 BauGB eingestuft. Durch die Einbeziehung in den Bebauungsplan hätten wir dieses Gelände zum beplanten Innenbereich gemacht und damit der Nachbarschaft den Klageweg gegen eine vom Vorhabenträger auch dort beabsichtigte Wohnbebauung genommen. 

Im April 2005 bekamen wir dann zwei Bebauungsplan-Vorent-würfe aus der Feder des vom Reiterhofbetreiber beauftragten Planers. Auch wenn so etwas gängige Praxis in Bensheim ist, weil damit die Planungskosten nicht an der Stadt hängen bleiben, hätte die GLB-Fraktion sich gewünscht, dass bei einem so umstrittenen Vorhaben die Stadt selbst die Feder führt. 

Positiv ist aber, was seit diesem ersten Vorentwurf bis zur jetzigen Vorlage der Bebauungspläne geändert wurde. 

Ich erwähne nur drei Punkte: 

Die Grundflächenzahl für die geplante Wohnbebauung wurde von 0,4 auf 0,35 herabgesetzt, die Zahl der Wohngrundstücke von 9 auf 7.
Da die GLB-Fraktion nicht 23 von 45 Stadtverordneten-Mandaten besitzt konnten wir leider keine größere Reduzierung der Baumasse auf dem alten Meierei-Gelände durchsetzen.
Außerdem wurden die im Landschaftsschutzgebiet geplanten Reitplätze ersatzlos gestrichen !

Hier möchte ich an die Sitzungsrunde zum Bebauungsplan-Entwurf erinnern. Auf der Bauausschuss-Sitzung schlug der Planer des Reiterhofbetreibers den Kuhhandel vor, für ein Wohnhaus mehr auf die Reitplätze im Landschaftsschutzgebiet zu verzichten. Von der SPD wurden wir massiv angegangen, weil wir uns darauf nicht einlassen wollten. 

Die Entwicklung hat uns Recht gegeben: Jetzt sind die Reitplätze gestrichen und die Zahl der Wohnhäuser wurde nicht erhöht.
Neu in dieser Sitzungsrunde sind die Städtebaulichen Verträge. Da der Reiterhofbetreiber kein unbeschriebenes Blatt ist und viele AnliegerInnen negative Vorerfahrungen mit ihm gemacht haben, sind diese Regelungen besonders wichtig. 

Ich zitiere aus dem Städtebaulichen Vertrag zum Reiterhof: 

„Die Kosten für die Herstellung der Erschließungsanlagen werden vom Vorhabenträger vollständig finanziert und entsprechend Teil II § 2 übernommen.“ (Teil I, § 4 Abs.5)
Weiter heißt es u.a.:
„Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass der derzeit geplante Ausbau der Nussallee für das Verkehrs-aufkommen des Reiterhofs nicht ausreicht, hat der Vorhaben-träger weitere notwendige Ausbaumaßnahmen durchzuführen.“ (Teil II, § 2 Abs.13)

Zu den Ausgleichs-und Ersatzmaßnahmen lesen wir:

„Der interne Ausgleich ist spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fertigstellung der Bauvorhaben durchzu-führen.“ 
Und:
„Der externe Ausgleich ist auf dem Flurstück Gemarkung Schönberg, Flur 3, Nr. 16/4 (tlw.) durchzuführen. Auf Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplanes ist in Teilen der o.g. Fläche Halbtrockenrasen wiederherzustellen. Die Maßnahme muss zusammen mit dem Flächenanteil gemäß Bebauungsplan BS 6 im Sommer 2006 (!) umgesetzt werden. Der Vorhabenträ-ger muss die Maßnahme durch einen unabhängigen Gutachter fachlich im Hinblick auf Herrichtung und Entwicklung der Fläche begleiten lassen. (…)

Nach erfolgter Herrichtung der Fläche sowie nach 5 Jahren sind zwei gemeinsame Ortsbegehungen zur Abnahme durchzuführen. (…)“ (Teil I, § 6 Abs. 2 und 3)

Weitere Regelungen lauten:
„ Der Vorhabenträger verpflichtet sich beim Bau des Reiterhofs alle öffentlich-rechtlichen Bestimmungen einzuhalten, insbesondere bei der Größe und Art des Stroh- und Mistlagers und bei der Grundwassersicherung zu beachten.“ 
Und:
„Eine gastronomische Nutzung des laut Bebauungsplanes zulässigen Aufenthaltsraumes ist nur für die Nutzer des Reiterhofs zulässig. Eine Nutzung als öffentliche kommerzielle Gaststätte ist ausgeschlossen.“ (Teil I, § 8 Abs.1 und 3) 

Der Städtebauliche Vertrag für das Wohngebiet enthält entsprechende Bestimmungen.   

Bleibt noch die Frage nach der Wirksamkeit der Regelungen der Städtebaulichen Verträge, insbesondere auch bei einem Verkauf. 

Ich zitiere aus dem Städtebaulichen Vertrag zum Reiterhof: 

„ Erfüllt der Vorhabenträger seine Verpflichtungen nicht oder fehlerhaft, so ist die Stadt berechtigt, ihm schriftlich eine angemessene Frist zur Ausführung der Arbeiten zu setzen. Erfüllt der Vorhabenträger bis zum Ablauf dieser Frist die ver-traglichen Verpflichtungen nicht, so ist die Stadt berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Vorhabenträgers auszuführen bzw. ausführen zu lassen, in bestehende Werkverträge einzutreten oder von diesem Vertag zurückzutreten. Weitergehende Schadensersatzansprüche der Stadt bleiben unberührt.“ (Teil I, § 3 Abs.2) Und:
„Der Vorhabenträger verpflichtet sich, die in diesem Vertrag vereinbarten Pflichten und Bindungen seinen Rechtsnach-folgern mit Weitergabeverpflichtung weiterzugeben. Er haftet der Stadt als Gesamtschuldner für die Erfüllung des Vetrages neben etwaigen Rechtsnachfolgern, soweit die Stadt ihn nicht ausdrücklich aus der Haftung entlässt. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung über einen Rechtsnachfolger hängt von der Zustimmung der Stadt ab, die vorher nach Vorlage des Vertrags (ohne Kaufpreis) die Einhaltung aller Vertragsbedingungen prüft.“ (Teil I, § 5)
Entsprechendes finden wir im Städtebaulichen Vertrag für die Wohnbebauung. 

Als Sicherheitsleistung wahlweise eine Fertigstellungsbürgschaft oder ein Grundpfandrecht zugunsten der Stadt an erster Rangstelle – diese Wahl möchten CDU- und GLB-Fraktion dem Vorhabenträger beim BS5 „Reiterhof“ nicht lassen. 

Eine Fertigstellungsbürgschaft reicht uns hier zur Absicherung nicht aus, ein eventuell nötiger Ausbau der Nussallee z.B. wäre dadurch nicht abgesichert. Deshalb hat der Bauausschuss mit den Stimmen von CDU und GLB beschlossen, die Fertigstellungsbürgschaft durch eine dingliche Sicherung im Grundbuch zu ersetzen.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, …


Mit dieser Änderung werden wir den Bebauungsplänen und Städtebaulichen Verträgen „Reiterhof „ und „Am Schlosspark“ zustimmen.


Mit unserem Vorgehen haben wir den größten anzunehmenden Unfall verhindert und in vielen Einzelpunkten Verbesserungen erreicht.

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