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StVV-Rede von Bettina Fendler zum Reiterhof von Holtum

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

Sie alle kennen den Höhenweg zwischen Schönberg auf der einen und Auerbach und Hochstädten auf der anderen Seite in unmittelbarer Nähe des Auerbacher Fürstenlagers.
Vom Höhenweg aus mit seinen vielfältigen Blickbeziehungen lässt sich die abwechslungsreiche Kulturlandschaft des vorderen Odenwalds besonders gut erleben.

So war der Bensheimer Magistrat gut beraten, als er einer Bauvoranfrage sein Einvernehmen versagte, einer Bauvoranfrage für die Aussiedlung eines Schönberger Reiterhofs auf exponierte Stelle ins Landschaftsschutzgebiet (LSG).
Ein Bau von ca. 90 x 90 Quadratmetern unterhalb des viel begangenen Höhenwegs würde als Fremdkörper das reizvolle Landschaftsbild erheblich verunstalten.

Der Kreis Bergstraße als Baugenehmigungsbehörde kündigte an, das Einvernehmen der Stadt Bensheim zu ersetzen.
Da macht es Sinn, dass der Magistrat eine Art Doppelstrategie fährt: Einerseits juristische Schritte gegen die Ersetzung des Einvernehmens, andererseits ein Bebauungsplan-Verfahren.

Der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan „Reiterhof“ an weniger exponierter Stelle soll verbunden werden mit einer Veränderungssperre für den vom Magistrat bevorzugten Standort sowie für den unerwünschten Standort im LSG.
Durch einen solchen Bebauungsplan könnten auch die Folgen der „Reitplatz“ genannten Bauschuttaufschüttungen abgemildert werden.

Nun werden viele sagen “Die ganze Reiterhofauslagerung passt uns nicht, weder auf den Standort ins LSG, noch auf das Gelände des sog. „Reitplatzes“. Warum kommt Ihr dem Reiterhofbetreiber überhaupt so weit entgegen?“

Das hängt damit zusammen, dass landwirtschaftliche Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB und darauf fußender Rechtssprechung privilegiert sind (, ähnlich wie Anlagen zur Gewinnung von Windenergie übrigens).
Es ist sehr schwer, einem Landwirt generell die Aussiedlung zu untersagen, allerdings müssen bei der Planung des konkreten Aussiedlungsstandortes Belange des Landschaftsschutzes berücksichtigt werden.

Im Zusammenhang mit der Aussiedlung des Reiterhofs steht die geplante Wohnbebauung auf dem heutigen Reiterhofgelände, baurechtlich ist sie aber völlig unabhängig davon zu bewerten.
In diesem Bereich existiert eine baurechtliche Gemengelage zwischen Außen- und Innenbereich.

In einem Widerspruchsbescheid (vom April 2002) wegen Nachbarwiderspruch in Bezug auf das jetzige Reithallengelände hielt das Regierungspräsidium Darmstadt zu diesem Gelände fest:
„Bebauungsrechtlich richtet sich das Vorhaben nach §35 Abs.1 Baugesetzbuch (BauGB), da es sich weder im beplanten noch im unbeplanten Innenbereich befindet.“
Das betrifft die Bachtalseite mit der jetzigen Reithalle.

Anders sieht es mit der jetzigen Reiterhofseite aus. Ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vom Februar 2003) beschäftigte sich mit der Doppelhausbebauung Ecke Nussallee/Am Schlosspark.
Die Begründung dieses Urteils macht es sehr wahrscheinlich, dass auf dem Gelände des jetzigen Reiterhofs eine Bebauung nach §34 BauGB zulässig wäre und nicht versagt werden könnte.

Deshalb ist auf dieser Seite ein Bebauungsplan-Verfahren mit Veränderungssperre sinnvoll, um einen möglichst großen Einfluss auf eine landschafts- und umgebungsverträgliche Wohnbebauung nehmen zu können.
Die dann erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit spricht ebenfalls für ein solches Verfahren, übrigens nicht nur hier unten beim Bebauungsplan BS 6, sondern natürlich auch oben beim BS 5.

Nun zum SPD-Antrag: Im Kern läuft dieser Antrag auf eine Verschiebung der Beschlussfassung hinaus, und das, wo vom Reiterhofbetreiber schon Anträge nach §34 eingereicht wurden. Wir brauchen dringend die Veränderungssperren!
Zu einem Detail Ihres Antrags: Wollen Sie wirklich den Geltungsbereich des Bebauungsplans BS 6 auf die Reithallenseite ausdehnen, damit den beplanten Innenbereich vergrößern und so der Nachbarschaft den Klageweg gegen eine Wohnbebauung dort verbauen? Einem solchen Antrag können wir nicht zustimmen!

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

mit den Aufstellungsbeschlüssen und den dazugehörigen Veränderungssperren bekommt der Reiterhofbetreiber nicht alles, was er will – schon gar nicht einen Reiterhof im LSG!

Aber durch das BauGB und darauf fußende Rechtssprechung sind wir alle auch nicht frei in unseren Entscheidungen in dieser Sache.
Es gilt, die uns verbleibenden Spielräume zu nutzen für eine Bebauung, die so landschafts- und umgebungsverträglich wie möglich ist.

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