Home > Pressearchiv > Presse 2005 > Februar 2005

Haushaltsrede von Franz Apfel

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine Damen und Herren,

nach guten Firmenergebnissen und viel Glück in den ersten drei Jahren der schwarz- grünen Koalition hat die Finanzkrise der Kommunen nun auch Bensheim voll erwischt.

Das Defizit beträgt gut 11,8 Millionen Euro. Bevor der Magistrat den Rotstift ansetzte betrug die Deckungslücke 14,7 Mio. Euro. Für die sich stark verschlechternde Haushaltssituation sind ganz überwiegend externe Faktoren entscheidend.

Die wichtigsten Daten dazu sind:

  • die Einkommensteuer mit Minus ca. 1,5 Mio. Euro;
  • die Gewerbesteuer mit Minus ca. 3 Mio. Euro;
  • die extrem starke Erhöhung der Kreisumlage um 5 Punkte, was ca. 1,7 Mio. Mehrausgaben verursacht;
  • und die Kürzung der Schlüsselzuweisungen des Landes, die von 2003 mit ca. 4,3 Mio. Euro auf nur noch 438.400 im Jahr 2005 sinkt. Das sind nur noch 10 % zu dem Ergebnis von vor 2 Jahren.

Aber, die Opposition hat Recht, wenn sie behauptet, es gibt auch einen hausgemachten Anteil, der in Bensheim liegt. Und auf diesen hausgemachten Anteil gehe ich gerne ein! Ja, die schwarz-grüne Koalition trägt die Verantwortung für den Umbau des Stadtparks damit der Stadtpark für alle wieder nutzbar ist und wieder von den Bürgern und bei Veranstaltungen angenommen wird.

Ja, die Koalition trägt die Verantwortung für die Erweiterung der Taunusanlage zu einem Bürgerpark West. Der hässlichste Platz Bensheim ist positiv umgestaltet. Und in diesem Zusammenhang, ja, die Koalition hat alleine für die Einnahmen gesorgt durch den Verkauf an einen Investor, Stichwort Minimal und ATU. Das war zunächst eine bei der Opposition sehr umstrittene Entscheidung, wer auf diesen Verkauf verzichtet hätte, der hätte der Stadt finanziellen Schaden im erheblichen Umfang zugefügt.

Ja, die Koalition trägt die Verantwortung für die Zukunftswerkstatt Innenstadt, für die Erneuerung des Spielplatzes Hospitalbrunnen, für die Schaffung des Platzes am Nibelungenbrunnen und in diesem Jahr für die Attraktivierung des Bereiches um den Bürgerwehrbrunnen als verbindenden Element zwischen oberer und unterer Fußgängerzone. Und wir haben als Grüne kein Verständnis, wenn ein Teil der Opposition hier den Rotstift ansetzen will. Das wäre ein fatales Signal, ein Signal des Stillstandes und des Rückschrittes.

Ja, diese Koalition trägt die Verantwortung für den Zuschuss von bis zu 100.000 Euro an den Verein Bensheim Aktiv. Die Aufgabe dieses Vereins ist es in besonderem Maße damit ein City-Management für Bensheim zu installieren. Der Verein ist gegründet, wir wünschen viel Erfolg. Und wir haben da positiv vermerkt, das die FWG dem zugestimmt hat. Das die SPD zunächst einen Sperrvermerk anbringen wollte und das dann noch in letzter Sekunde rückgängig gemacht hat, zeigt das es starke Kräfte außerhalb der heutigen Fraktion gibt, die Einfluss auf die SPD nehmen, doch wenn die Sachargumente kommen, hält man das dann nicht mehr durch. Der Sperrvermerk wäre ein fatales Signal für die Entwicklung der Innenstadt und von Auerbach gewesen.

Ja, die Koalition trägt die Verantwortung, das das Hallenbad im April 2005 und zur Freibadsaison das Freibad neu gebaut bzw. saniert eröffnet wird. Das war das Glanzstück der Koalition, das es uns mit der Übertragung an das GGEW gelungen ist, dieses für Bensheim als größter Stadt des Kreises sehr wichtige Angebot für die nächsten 20 Jahre zu erhalten und noch dazu attraktiver zu machen. Ich erinnere gerne daran, dass die in diesem Punkt ausnahmsweise vereinigte Opposition ernsthaft zu prüfen beantragt hat, das Hallenbad durch die MEGB bauen zu lassen. Einen hämischen Kommentar dazu erspare ich mir. Sachargumente sprechen für sich. An die Adresse von CDU und GLB: gut gemacht, nicht nur gut gewollt, das stärkt unsere Stadt, das stärkt unsere Stadt im Umland und die Bürger und die sporttreibenden Vereine werden uns das honorieren.

Ja, diese Koalition trägt die Verantwortung für die Zukunftswerkstatt Auerbach und für die Bereitstellung erster Mittel für die Zeitnahe Umsetzung erster Maßnahmen. Wir tragen keine Verantwortung dafür, dass die Zukunftswerkstatt Auerbach so gut angenommen wurde. Deshalb von dieser Stelle ein dickes Lob an die Auerbacher, das sie die zukünftige Entwicklung ihres Stadtteils so engagiert annehmen. 250 Auerbacher waren bei der Auftaktveranstaltung dabei und auch die Delegation der Auerbacher Gewerbetreibende bei der Veranstaltung zum City-Management war größer, als die der Bensheimer. Die können sich an ihren Auerbacher Kollegen eine Scheibe abschneiden, nein, die müssen das sogar.

Ja, diese Koalition trägt die Verantwortung für das Dorferneuerungsprogramm in Zell. Wir gehen davon aus, dass die Investitionen in das neue DGH und das Feuerwehrgerätehaus auch eine menge private Investitionen im Stadtteil Zell auslösen.

Ja, diese Koalition trägt die Verantwortung für den familien- und behindertengerechten Umbau des Bahnhofs Bensheims, jedenfalls wenn die Zuschüsse dazu fließen.

Ja, diese Koalition trägt die Verantwortung dafür das im Haushalt 2005 sich die Schulden von bisher 38.247.633 auf 22.675.327 stark reduziert haben. Die Pro-Kopf-Verschuldung sinkt dabei von 1013 auf 576 Euro. Dabei spielt die Übertragung des Kanalnetzes auf den KMB die entscheidende Rolle.

Ja, diese Koalition trägt die Entscheidung zur Zuführung als Kapitalrücklage an die MEGB in Höhe von etwas über 4,1 Mio. Euro. Und hier lohnt es sich das Thema MEGB näher zu betrachten – das ist insgesamt kein Ruhmesthema für die Stadt Bensheim.

Meine Damen und Herren,

1998 wurde das größte Grundstücksgeschäft Bensheims mit einer breiten Mehrheit in dieser STVV beschlossen. CDU und FWG als Koalition, aber auch die SPD stimmten dem Darlehensfinanzierten Kauf des Stubenwaldgeländes zu. Die GLB lehnte als einzige Partei das Grundstücksgeschäft als zu groß und zu risikobelastet ab. Aus unserer Distanz zur MEGB und zum Geschäftsführer Dr. Lücken, haben wir nie einen Hehl gemacht. In der guten Presse für Dr. Lücken wurden wir immer als Bedenkenträger verunglimpft.
Das wir als GLB damals dagegen stimmten, das enthebt uns jetzt gerade nicht der Verantwortung das Beste aus der Situation für Bensheim zu machen. An dieser Stelle kritisiere ich ausdrücklich das Verhalten von FWG und SPD : Seit längerem müssen wir hier in dieser STVV erleben, dass sich FWG und die SPD aus ihrer eigenen Verantwortung herausstellen. 1998 waren Sie mit Hurra-Geschrei dabei, jetzt verweigern sie eine konstruktive Mitarbeit um den Schaden zu begrenzen.

Der Standardsatz der FWG für die Gründung der MEGB war folgender, Herr Müller-Falke, hören Sie bitte genau zu: „Kapital ist ein scheues Wild“. Sie erinnern sich? Gerade die FWG steht in der Pflicht Verantwortung mit zu übernehmen. Und Verantwortung zu übernehmen heißt nicht den Saal zu verlassen, wenn es um die Rettung der MEGB geht, um schlimmeres für den Haushalt unserer Stadt zu verhindern.

Meine Damen und Herren,

die Kosten die der Akteneinsichtsausschuss bisher verursacht hat, kann ich nicht genau darstellen, es wird aber eine sechsstellige Euro-Summe sein. Es wird Zeit das der Ausschuss Bilanz zieht, das er entscheidet, ob die gesichteten Unterlagen ausreichen um einen Rechtsstreit mit Dr. Lücken einzugehen. Und es wird Zeit, dass der Haupt- und Finanzausschuss und diese Stadtverordnetenversammlung über die Neuausrichtung der MEGB entscheidet.

Die MEGB, oder eine Gesellschaft mit anderem Namen, muss wieder die Chance zu ihrem eigentlichen Geschäftszweck bekommen und der heißt Verkauf des restlichen Stubenwaldgeländes. Es ist bekannt, dass die GLB beim Thema Verkauf an Tchibo bzw. Aurelis eine andere Position als unser Koalitionspartner hatte.
Wir sahen im Mittelpunkt unserer Willensbildung zwei Schwerpunkte: zum einen den Verkauf des Geländes und die Einnahmen und als zweites die Arbeitsplätze in einem Bereich, in dem immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen.

Schade das wir es als GLB nicht geschafft haben unseren Koalitionspartner hier zu überzeugen. Jetzt müssen wir uns auf die Neuausrichtung der MEGB konzentrieren und da steht das gesamte Stadtparlament in der Verantwortung das Beste daraus zu machen.

Meine Damen und Herren,

wo viel Schatten ist, ist wenigstens auch etwas Licht! Von den Firmen, die sich auf dem Stubenwaldgelände angesiedelt haben, wurden immerhin rund 2 Mio. Euro im Jahr 2004 an die Stadt als Gewerbesteuer gezahlt. Im Stubenwaldgelände wurden ca. 600 Arbeitsplätze geschaffen. Die dort angesiedelten Firmen Tyco, SAP-SI, Suzuki, Mann und Hummel etc. werben für Bensheim und sind uns alle in Bensheim herzlich willkommen.

Meine Damen und Herren,

Bensheim ist eine attraktive Stadt und eine Stadt mit Zukunft!
Die Bürger jedenfalls sehen das so. Am einfachsten können Sie das feststellen, dass dies kein Wunschtraum eines grünen Fraktionsvorsitzenden sondern harte Realität ist, indem sie am Samstag den BA aufschlagen und sich den Immobilenteil vornehmen. Dort werden Sie feststellen, dass Bauplätze, Eigentumswohnungen und Häuser in Bensheim rund 30 % teurer zu haben sind als in den umliegenden Gemeinden. Das sind die harten und nachvollziehbaren Fakten.

Das hat nicht nur etwas mit der guten Lage zwischen dem Rhein-Main- und dem Rhein-Neckar-Gebiet zu tun. Das hat auch insbesondere damit zu tun, dass die Menschen in der näheren Umgebung mitbekommen, das sich in Bensheim viel tut.
Dazu trägt bei, dass wir eine Stadtbibliothek haben, die den Anforderungen einer Kreisbibliothek weitgehend gerecht wird.

Dazu trägt bei, dass wir ein saniertes Parktheater haben, die Eysoldt-Ring-Verleihung, das PiPaPo-Kellertheater und das Variete Pegasus, und eine Ausstellungshalle am Ritterplatz.

Dazu trägt bei, dass Bensheim ab April ein neues Hallenbad mit Attraktionen hat und ab der Freibadsaison das sanierte Freibad eröffnet.

Dazu trägt bei, dass wir das Naturschutzzentrum in Südhessen haben, dass für Bensheim weiter über den Kreis hinaus wirbt.

Meine Damen und Herren,

das alles sind keine weichen Standortfaktoren, das sind harte Standortfaktoren mit denen Bensheim wirbt. Und Bensheim stemmt sich mit seiner familienfreundlichen Politik gegen den demografischen Wandel. Wir haben nach wie vor Zuzüge junger Familien mit Kindern, eben wegen der familienfreundlichen Politik und weil sich hier viel bewegt.

Die Stadt Bensheim bezuschusst diesen Bereich mit rund 5,3 Mio. Euro.

Diese familienfreundliche Politik zahlt sich aus:

  • Unsere Stadt hat eine 100 % Abdeckung des Bedarf an Kindergartenplätzen
  • Unsere Stadt hat die Öffnungszeiten in den Kinderbetreuungseinrichtungen stark erweitert;
  • Die Mittagessen in unseren Kinderbetreuungseinrichtungen haben sich stark erhöht;
  • Die Gebühren für die Kinderbetreuungseinrichtungen bleiben in Bensheim stabil.

Ich will an dieser Stelle einen Blick in eine nahe Zukunft werfen:

Über kurz oder lang wird es auch in Hessen ein Kindergartenpflichtjahr für alle geben.

Das Jahr vor der Einschulung für alle ist wichtig um die Chancen für viele zu verbessern, gerade im Bereich der deutschen Sprache.

Und ich bin überzeugt davon, dass wir private Unternehmen gewinnen müssen um den Kinderbetreuungsbereich weiter auszubauen. Längst haben wichtige Unternehmen und Meinungsführer erkannt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in ihrem ureigensten Interesse liegt.

Und unser Land und unsere Stadt braucht mehr Stiftungen. Ich kann mir eine Bürgerstiftung familienfreundliches Bensheim gut vorstellen, und ich bin davon überzeugt, dass es Frauen und Männer gibt, die das für sinnvoll halten und das zu ihrer Sache machen werden. Ich denke, dass muss nur propagiert und begleitet werden.

Meine Damen und Herren,

Bensheim hat sehr viel im Kinderbetreuungsbereich gemacht. Wir dürfen dabei aber nicht stehen bleiben, den diese Investitionen sind im wahrsten Sinne des Wortes Zukunftsinvestitionen und harte Standortfaktoren, mit denen wir für Bensheim werben, nach innen wie nach außen.

Es gibt einen weiteren Bereich des demografischen Wandels, auf den wir unser Augenmerk verstärkt legen müssen.

Es geht dabei um den Bereich einer älter werdenden Gesellschaft und um Bereiche, die bei unseren Entscheidungen in Zukunft stärker gewichtet werden müssen. Wir brauchen eine wohnortnahe Versorgung an vielen Ecken und Enden unserer Stadt.

Und deshalb war es richtig, dass die Koalition nicht eingeknickt ist und dafür gesorgt hat, dass sich der Edeka-Markt in Auerbach dort erweitern kann und nicht an den Berliner Ring umzieht.

Und es wäre eine gute Entscheidung, auch und gerade im Blickwinkel einer älter werdenden Gesellschaft, wenn in Bensheim Süd ein Einkaufs-Markt entstünde. Ein alter Vorschlag der GLB, sicher 10 Jahre alt, wäre den Guntrum-Wendeparkplatz dafür vorzusehen.

Und was uns in den nächsten Jahren gelingen muss, sind freie Träger zu überzeugen und Grundstücksmäßig zu beraten, damit in Bensheim mehr Plätze für Betreutes Wohnen, analog im Caritasheim geschaffen werden. Dort gibt es eine lange Warteliste für die nur 11 Wohnungen, der Bedarf wird steigen und wir müssen jetzt dafür Voraussetzungen schaffen, dass muss auf unsere Tagesordnung.

Und auch im Baubereich werden wir darauf achten müssen: Entwicklungen hauptsächlich entlang der Verkehrsachsen B 3, B 47, Bahn und Autobahn und keine Ausuferung in die Fläche, wo die sozialen Strukturen fehlen.

Und wir brauchen mehr ebenerdige Wohnungen und wir brauchen mehr Wohnungen mit Fahrstuhl.

Das Museum wird mit dem Aufzug erreichbar sein, als Grüne wunderten wir uns, dass die SPD dagegen polemisierte.

Das DGH Zell wird mit einem Aufzug zukünftig erreichbar sein, das ist zukunftsgerichtet.

Der Bahnhof wird familien- und behindertengerecht ausgebaut, wenn die Zuschüsse fließen.

Es tut sich also einiges in diesem Bereich und das ist gut so!

Als GLB sind wir gespannt, welche Projekte für den Stadtumbau West vorgeschlagen werden.

Meine Damen und Herren,

einem Haushalt mit 11,8 Mio. Defizit kann man als Opposition nicht zustimmen, so Herr Müller-Falke. Und Herr Steinert sekundierte, keine Anträge stellen, das ist Sache der Koalition. Man könnte auch sagen, sie haben es sich zu leicht gemacht als Opposition. Wer als Opposition nicht aufzeigen will oder aufzeigen kann, wo er konkret spart, der ist in meinen Augen ein ziemlicher Leichtmatrose.

Die schwarz-grüne Koalition wird alleine Verantwortung für diesen Haushalt übernehmen.

Wir liegen mit unseren Anstößen im Bereich der Zukunftswerkstätten Innenstadt und Auerbach richtig. Jetzt muss der Verein Bensheim aktiv werden und eine qualifizierte Persönlichkeit muss sich um das City-Mangement kümmern. Und dann gilt es das, was sich Positives in der Wirtschaft tut, in Bensheim umzusetzen und anzustoßen.

Sowohl der ifo-Geschäftsklima-Index, das die Stimmung der Unternehmen misst, als auch das GfK-Konsumentenklima zeigen nach oben.

Diese positive Grundstimmung wollen wir mit unseren Beschlüssen stärken und für Bensheim nutzen.

Mit der Verabschiedung des heutigen Haushaltes bekommt der Magistrat nicht nur einen Handlungsrahmen sondern auch einen Handlungsauftrag.

Wir hoffen, dass die Aufträge im Haushalt vom Magistrat mit Engagement positiv für Bensheim umgesetzt werden. Die GLB übernimmt auch in diesem Jahr die Mitverantwortung für diesen Haushalt und wird zustimmen.

zurück