GLB – Grüne Liste Bensheim

Die Grüne-Liste-Bensheim (GLB) 1978 bis 2020: Eine Erfolgsgeschichte für Bensheim (Stand: 31.12.2020)

1978 – 2000: erstarkender Widerstand gegen Missachtung von Natur und Bürgerechten

1978, gründeten sieben Gründungsmitglieder die Ortsgruppe Bensheim der Grünen Liste Hessen als Gegenentwurf zu den etablierten Parteien.

Nach der Gründung der Partei „Die Grünen“ 1980 löste sich die „Grüne Liste Hessen“ auf Landesebene auf, während ihre Ortsverbände wie die GLB als selbstständige Wählergemeinschaften fortbestanden. Ein Teil der Mitglieder der GLB gehörten seitdem auch der Partei „Die Grünen“ an und nahmen damit auch auf den Willensbildungsprozess in dieser Partei Einfluss. Die GLB arbeitete in wesentlichen Fragen eng mit den Grünen im Kreis Bergstraße und im Land zusammen.

„In Bensheim gibt es seit dem Sommer 1978 eine Gruppe der Grünen Liste Hessen (GLH), Wählergemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie.“ …“Sie steht allen offen,“ … „sofern sie sich konsequent für Umweltschutz und Demokratie einsetzen.“ „Die Politik der GLH ist eine Politik der aktiven Partnerschaft des Menschen mit der Natur.“ …“Umweltfragen sind Lebensfragen und haben Vorrang vor allen wirtschaftlichen Rentabilitäts- und Gewinngesichtspunkten“

So wird in dem Ersten Kommunalprogramm der Grünen Liste Bensheim von 1981 der Gründungsprozess und die Zielsetzung beschrieben. Auch, was damals zu der Organisation der Kommunalpolitik geschrieben wurde, klingt unverändert aktuell: „Wir streben eine grundlegende Änderung der Kommunalpolitik in Bensheim an, einer Politik, die uns alle betrifft. Unsere Vorstellungen hierzu sehen so aus:

  • Stärkung der Ortsbeiräte und Einführung von Bürgerversammlungen zu Maßnahmen, die Bensheim einschneidend verändern.
  • Information aus den städtischen Gremien so rechtzeitig an die Bürgerschaft weitergeben“ …
  • „keine Entscheidung gegen die Betroffenen und über deren Köpfe hinweg,“ …

Die Grüne Liste in Bensheim engagierte sich von Anfang an für Umweltschutz, den Ausbau eines zusammenhängenden Radwegenetzes, eine Umverteilung der öffentlichen Verkehrsflächen und für eine transparente, am Willen der Bewohner ausgerichtete Kommunalpolitik. Darüber hinaus standen die Ablehnung der Atomkraft, die Ablehnung des vierspurigen Ausbaus der B3/B47 zwischen Wormser Straße und Ritterplatz, der Kampf gegen die Startbahn West in Frankfurt, Friedenspolitik, Entwicklungspolitik und internationale Gerechtigkeit im Zentrum der Arbeit.

In diese Zeit fällt auch die Aufdeckung des Bensheimer Bauamtsskandals (1993), in die der damalige CDU-Vorsitzende Siegfried Heinz, der ehemalige Stadtbaurat Theo Sartorius sowie diverse Bauunternehmen verwickelt waren. Die GLB war an der Aufdeckung und Aufarbeitung damals intensiv beteiligt.

Neben der Aufdeckung des Bauamtsskandals erreichte die GLB in dieser Zeit u.a. der Erhalt und die Unter-Schutz-stellung des Naturschutzgebietes Tongruben, der Erhalt der städtischen Musikschule gegen die Schließungsabsicht des Bürgermeisters und die Beendigung des Abbrennverfahrens bei Kabel zur Metallgewinnung bei der Fa. Zieringer.

Nicht verhindert werden konnte der vierspurige Ausbau der B3/B47, die Umwandlung der ehemaligen Grünanlage auf dem Beauner Platz in eine Tiefgarage und der Bau des heute teilweise leerstehenden Neumarkt-Centers.

Führender Kopf der GLB in dieser Zeit war der Fraktionsvorsitzende Franz Apfel.

Bei der Kommunalwahl in Bensheim scheiterte die GLB 1981 noch an der 5%-Klausel. Mit 4,6% erreichte sie einen Achtungserfolg. 1985 gelang der GLB mit 8,2% der Einzug ins Stadtparlament, in dem sie mit vier Stadtverordneten und einem Mitglied im Magistrat vertreten war. 2001 erreichte die GLB 13,7 % der Stimmen.

2001 – 2010: Neue Rolle: Koalition mit der CDU zum Erhalt des Schwimmbads

Eine schwere Entscheidung für beide Seiten war die erste Koalition von GLB und CDU 2001. Waren sie doch bis dahin in der Stadtpolitik Hauptgegner und hatten sich auch in persönlichen Auseinandersetzungen nichts geschenkt.

Aus Sicht der GLB eine auch im Nachhinein richtige Entscheidung, konnte sie doch neben der Besetzung eines hauptamtlichen Dezernats mit breiter Zuständigkeit (Matthias Schimpf, Dezernent für Finanzen, Soziales, Umwelt und Energie) auch zentrale Punkte ihres Wahlprogrammes umsetzen. In der Erfolgsbilanz der ersten Wahlperiode liest sich das so:

  • „-Das Freibad wurde am zentralen Standort erhalten“ … (CDU, ihr Bürgermeister und SPD hatten geplant, den Standort als Baugebiet zu verkaufen und am Badesee durch einen Investor ein neues privates Hallenbad mit jährlichem städtischen Zuschuss bauen zu lassen) „Das Hallenbad wurde nicht an den Badesee verlegt, sondern am zentralen Standort neu gebaut.“
  • … „100% ige Abdeckung bei den Kindergartenplätzen ab 3 Jahre“ … „Bensheim ist Modellstadt für das Lernen von 1 bis 10 Jahren und für die Kooperation von Kindergärten und Grundschulen.“
  • „Wir haben die Anbindungsstraße von Bensheim nach Fehlheim verhindert,“ … „das überdimensionierte Baugebiet in Fehlheim auf ein Drittel reduziert.“
  • „Wir haben dafür gesorgt, dass das Naturschutzzentrum nach Bensheim kam“…
  • „Wir haben dafür gesorgt, dass viele Bensheimer Kindergärten Photovoltaikanlagen, Solaranlagen und Holz Pelletheizungen erhielten.“

Nicht verhindert werden konnte die Ausweisung des Gewerbegebietes Stubenwald und der Einstieg in den Bau der „Westtangente“ noch um dieses Gewerbegebiet herum.

Aus der Kommunalwahl 2006 ging die GLB weitgehend unverändert mit 13,6 % der Stimmen hervor und wiederum eine Koalition mit der CDU ein. Wesentliche, in dieser Wahlperiode erzielte Ergebnisse waren:

  • Aus der einen Stelle eines städtischen Energieberaters wird ein Team Klimaschutz und Energieberatung,
  • Ein jährliches Förderprogramm Energieeinsparung und Klimaschutz wird aufgelegt,
  • 10 ha Naturwald werden aus der Nutzung herausgenommen,
  • Die Anbindungsstraße zwischen Fehlheim und Auerbach wird weiterhin nicht gebaut, auch das geplante Baugebiet Fehlheim wird weiterhin nicht ausgewiesen,
  • Ausdehnung der bedarfsgerechten Kinderbetreuung auf unter Dreijährige
  • Bensheim bekommt eine Baumschutzsatzung…

Im Streit um die Wiederwahl des Grünen Dezernenten Matthias Schimpf verlies der langjährige Fraktionsvorsitzende Franz Apfel die GLB und gründete als fraktionsloser Abgeordneter in der Stadtverordnetenversammlung die Wählergemeinschaft Bürger für Bensheim.

Es erfolgte der Weiterbau der „Westtangente“ und gegen den Willen der GLB die Ausweisung des Gewerbegebietes Stubenwald II. Gegen den Ausbau des Radverkehrsnetzes leisteten CDU und Verwaltung einen zähen hinhaltenden Widerstand, so dass selbst in den Koalitionsvereinbarungen enthaltene Punkte (Ausbau des Radwegenetzes entsprechend des Verkehrsentwicklungsplanes, Bau eines Fußweges längs der Straße von Auerbach nach Hochstädten) nicht umgesetzt werden konnten.

Zum Ende dieser Wahlperiode erreichte die GLB 2011 mit 22,9 % und 10 Sitzen im Stadtparlament sowie zwei ehrenamtlichen Magistratsmitgliedern ihr bestes Wahlergebnis.

2011 – 2020: zähes internes Fingerhakeln statt zukunftsweisender Projekte

Trotz des guten Wahlergebnisses der GLB ist die Koalitionsvereinbarung für die anschließende Wahlperiode von 2011 bis 2016 von Härte der noch immer stärkeren CDU gegen gegen die erstarkte GLB gekennzeichnet. Wesentliche, in dieser Wahlperiode erzielte Ergebnisse waren:

  • Weiterer bedarfsgerechter Ausbau der Kinderbetreuung für über und unter Dreijährige,  Neubauten KITA in Passivhausbauweise
  • Einrichtung eines Einbürgerungsempfanges
  • Der Masterplan 100% Klimaschutz wurde erarbeitet und mit der Umsetzung begonnen
  • Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED und Umstellung des gesamten städtischen Strombezug incl. Straßenbeleuchtung auf Ökostrom.
  • Energetische Sanierung der städtischen Liegenschaften
  • Anbindungsstraße Auerbach Fehlheim endgültig ab geplant und aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen, ebenso 7 ha des geplanten Neubaugebietes Fehlheim Süd.

 

Trotz der Koalitionsvereinbarung erfolgte der Ausbau der Radverkehrsverbindungen nur sehr langsam, die Westtangente wurde außen um das Gewerbegebiet West geführt und damit fertig gestellt.

Adil Oyan löste im November 2011 als neuer hauptamtlicher grüner Dezernent Matthias Schimpf ab, der nach Bildung einer schwarz-grünen Koalition auf Ebene des Kreises dort Dezernent wurde.

Hier kommst du zu unseren Themen aus der Kommunalwahl 2016.

Die Koalition wurde ab 2016 als Dreierbündnis CDU, GLB und BfB fortgeführt.

Da die GLB nur noch 14,9 % der Stimmen erhielt und auch die CDU Stimmverluste zu verzeichnen hatte, mussten die „Bürger für Bensheim“ (BfB) in die Koalition mit aufgenommen werden.  Die Koalitionsverhandlungen gestalteten sich schwierig, insbesondere da die BfB die Streichung der Stelle des hauptamtlichen Grünen Stadtrates forderte. Wichtige in dieser Wahlperiode erzielte Erfolge waren:

  • Keine Fortführung der Bebauung „in den Zeilbäumen“ in Auerbach Richtung Zwingenberg
  • Einrichtung von 11 VRN-nextbike Fahrradverleihstationen mit 55 Leihrädern
  • Neuer Radweg Schwanheimer Straße im Abschnitt von der Autobahnbrücke bis zum Ortsende
  • Abschaffung der Straßenerneuerungsbeiträge
  • Verbesserung des ÖPNV (Ruftaxi mit 30 min. Vorlauf, neue Haltestellen, geänderter Buslinienverlauf)
  • Freiflächen PV-Anlage an der Autobahn
  • 1 ha Bienenweiden im Stadtgebiet angelegt
  • Bedarfsgerechter weiterer Ausbau der Kinderbetreuung von 1 bis 6 Jahren, entsprechende Erhöhung des Zuschussbedarfs; Neubauten von KiTas in Holzbauweise und besseren Werten als die geltende ENEV.

Anfang 2020 beendete die CDU die Koalition mit der GLB, da die GLB die Grünen gebeten hatte, einen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl aufzustellen. Seitdem agierte die CDU in der Stadtverordneten-versammlung weitgehend mit Unterstützung der SPD Fraktion sowie häufig auch AfD oder FDP. Bei der Bürgermeisterstichwahl im November 2020 gewann die Sozialdemokratin Christine Klein (Unabhängig) gegen den Amtsinhaber Rolf Richter( CDU).

Nach 42 Jahren wandelte sich die Wählergemeinschaft GLB  im Herbst 2020 in einen Ortsverband der Partei Bündnis 90/Die Grünen um. Eine eigenständige Organisationsform erschien nicht länger der richtige Weg zur weiteren Durchsetzung der grünen Ziele.

 

Zusammenfassung

Die ersten 20 Jahre des Bestehens der GLB (von 1978 bis 2000) war ein Kampf gegen die schier übermächtige, mit absoluter Mehrheit bzw. in Zusammenarbeit mit einer willenlosen SPD regierende CDU in Bensheim. Mit der Beteiligung der Grünen an der Regierungsmehrheit konnten viele grüne Inhalte umgesetzt werden. Bensheim wurde eine familien- und kinderfreundliche Stadt. Ideen für ein generationenübergreifendes Zusammenleben konnten mit z.B. der Verwirklichung eines ‚Mehrgenerationenhauses’ oder einer entsprechenden senioren- und kindergerechten Umgestaltung der Taunusanlage in Angriff genommen werden.

Hinzu kommen Verbesserungen für den Radverkehr und den ÖPNV. 2009 erreichte die GLB die Durchführung turnusmäßiger Radverkehrsschauen für Bensheim, 2014 ein Radwegekonzept und 2016 das Radwegezustands-kataster.

Naturschutzflächen und zahlreiche Streuobstwiesen wurden angelegt, Meerbach und Winkelbach in Teilen renaturiert und 2012 in den Pachtverträgen auf städtischen landwirtschaftlichen Flächen sind genverändertes Saatgut und Pflanzen sowie 2018 der Einsatz von Neonikotinoide und Glyphosat ausgeschlossen. Der Erhalt der Freizeit- und Erholungslandschaft zwischen den Stadtteilen Auerbach und Fehlheim und die durch die GLB verhinderte  Anbindungsstraße waren wichtige Erfolge.

Bensheim beschloss 2014 den Masterplan Klimaschutz und hat sich das Ziel gesetzt klimaneutral zu werden.

Bensheim bemüht sich um die bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Ergebnisse sind das „Interkulturelle Fest“, ein „Integrationsbeauftragter“ dem ersten im Kreis Bergstrasse, der „Einbürgerungsempfang“ und die „Integrationslotsen“ sowie ein eigenes Team Integration im Rathaus.

Vieles, was uns selbstverständlich erscheint, gäbe es ohne aktive grüne Politik so nicht.

Allerdings haben alle Bemühungen, den Autoverkehrs zurückzudrängen und durch einen Vorrang für Fahrrad und öffentlichen Personenverkehr zu ersetzen, den Zuwachs des Autoverkehrs allenfalls verlangsamt, die Entwicklung aber nicht umkehren können. Auch das Gewerbegebiet Stubenwald und das Neubaugebiet Fehlheim sind durch die GLB nur kleiner ausgefallen, konnten aber nicht verhindert werden.

Das grüne, ökologische Denken ist in 42 Jahren in unserer Gesellschaft vorherrschend geworden. Viele Menschen berücksichtigen ökologische Kriterien in ihren alltäglichen Entscheidungen. Aber die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind groß. Insbesondere in den Bereichen Gebäudebeheizung und Verkehr muss der CO 2 Ausstoß viel stärker gesenkt werden. Ohne Begrenzung des Klimawandels wird auch das Artensterben und das neue Waldsterben nicht zu stoppen sein.

 

Fraktionsvorsitzende der GLB in der Stadtverordnetenversammlung waren:

1985 – 1994 = Franz Apfel

1994 – 1995 = Joachim Glemann

1995 – 2007 = Franz Apfel

2007 – 2008 = Waltrud Ottiger

2008 – 2009 = Hille Krämer

2009 – 2010 = Wolfgang Weiß

2010 – 2021 = Doris Sterzelmaier

 

Hier findest du noch einige Bilder von alten Wahlplakaten der GLB: