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Haushaltsrede 2008 von Monika Toebe
Aus der Stadtverordnetenversammlung vom 13.3.2008

Meine Damen und Herren,


Wieviel Wachstum ist in einer Kommune möglich, wieviel aber ist nötig?
Mit der Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2008 stellen wir heute Weichen, hauptsächlich für das kommende Jahr. Manche Entscheidungen aber werden Auswirkungen haben für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte. Unser Haushalt soll im Rahmen der Finanzmittel, die neben den vielen gesetzlichen Verpflichtungen für unsere Stadt frei verfügbar sind, dem Wohl der Einwohner dienen. Wir wollen das finanzieren, was eine gute Lebensqualität im Jahr 2008 ermöglicht. Aber es gibt Ansprüche und Wünsche, die so weit gehen, dass unser Geld dafür nicht reicht - wie bei jedem privaten Haushalt auch.
Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
Wir können uns für Lösungen entscheiden, die auf Kosten der Natur und damit der Zukunft unserer nachfolgenden Generationen immer mehr Land für gewerbliche Ansiedlungen verbrauchen und versiegeln und damit Gewinn bringen für zusätzliche Wünsche.
Oder Wir setzen unseren Ansprüchen Grenzen und haushalten mit dem, was vorhanden ist und versuchen damit die Natur und deren Nachhaltigkeit zu bewahren.
Der Geldsegen, der uns entgegen der Prognosen eine Summe von etwa 4 Millionen Euro beschert, bestärkt mich in der Annahme, dass Bensheim auch ohne Ausweisung eines neuen Industriegebietes weiterhin für gute Lebensbedingungen sorgen kann.

Bensheim schmückt sich seit Jahren mit dem Attribut der Kinder- und Familienfreundlichkeit. Dieser Schwerpunkt ist in sehr guter Weise entwickelt worden. Das Büro Prack/Seehausen legte Konzepte vor, die eine optimale Regelung der Kindergarten-Organisation ermöglichte. Bensheim entschied sich, die Gebühren für lange Zeit nicht zu erhöhen und hat inzwischen mit der Wahl von Zeitmodulen ein Angebot, das sich familienfreundlich nennen kann und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestens unterstützt.
Die Einzelentscheidungen mit dem Effax-Kinderhaus, der Bereitstellung von Essensplätzen in Kindergärten, der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern, der Förderung von Betreuung von Kindern unter drei Jahren und vielem mehr zeigt, dass sich Bensheim die Kinderfreundlichkeit eine Menge Geld kosten lässt.
Die Stadt Bensheim wird in diesem Jahr zu den vorhandenen drei neue Spielplätze und vier Spielpunkte einrichten.
Auch um größere Kinder und Jugendliche bemüht sich die Stadt und macht dafür Geld locker:
Das Jugendzentrum in der Rodensteinstraße ist ein offener Treffpunkt, auch für private Veranstaltungen und Jugendbands. Übungsräume für Bands sind außerdem auf dem ehemaligen Fuchs-Zahnbürsten-Gelände angemietet und die Skateranlage im Weiherhausstadion erneuert. Und es gibt von der Stadtjugendpflege und Privaten organisierte und finanziell unterstützte Veranstaltungen auf dem Festplatz oder im Stadtpark.
Die Belange Jugendlicher werden ernst genommen und Initiativen wie PFAU (Paten für Ausbildung) und BIS (Beratung in Schule) gefördert.
Auch die Bedeutung von Vereinen für die Freizeitgestaltung von Jugendlichen wurde längst erkannt, und die Vereine werden finanziell gefördert. Es wird einen Sportentwicklungsplan geben.
Im Rahmen des demographischen Wandels werden zusammen mit Vereinen die künftigen Angebote für Jugendliche entwickelt.

Die SPD beantragt die Erstellung eines Kinder- und Jugendkonzepts. Dazu möchte ich anmerken, dass schon vor Eingang dieses Antrags der Sozialausschuss beschlossen hat, die nächste Sitzung im Jugendzentrum abzuhalten und dort Wünsche und Fragen der Jugendlichen zu diskutieren. Deshalb verweisen wir den Antrag in den Sozialausschuss.
Die soziale Ausrichtung der Stadt Bensheim beschränkt sich nicht nur auf die Kinder- und Familienfreundlichkeit. Wir Grüne legen Wert darauf, dass sozial Schwächere städtische Hilfe erfahren. Wir haben einen Behindertenbeauftragten, der u.a. bei Planungen wie Querungshilfen für Sehbehinderte an Ampeln, Absenkung von Bordsteinen für Gehbehinderte um Rat gefragt wird.
Wir haben außerdem in Bensheim einen Integrationsbeauftragten. Er hält Sprechstunden für Menschen mit Migrationshintergrund ab und arbeitet für die Stadt an der Lösung von Problemen dieser Bevölkerungsgruppe.
Die Seniorenarbeit ist in unserer Stadt lebendig und wird im Zuge des demographischen Wandels an Bedeutung zunehmen.

Die Verwaltung legte zu Beginn des Jahres 2008 zum ersten Mal einen doppischen Haushalt vor. Die Umstellung und der intensive Verlauf haben hohe Ansprüche an die städtischen Mitarbeiter gestellt, und auch wir Stadtverordnete, die wir z.T. keinerlei Ahnung von dieser Art Rechnungswesen hatten, haben uns mit Hilfe von Info-Veranstaltungen bemüht, das System Doppik zu verstehen. Dank und Anerkennung sprechen wir hier den Mitarbeitern der Verwaltung aus, die früher als gesetzlich vorgeschrieben diese Änderung vollzogen haben.
Ergebnisplan und Finanzplan unseres Haushalts weisen Zahlen auf, die eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem vergangenen Jahr offenbaren. Die Gewerbesteuer kann nicht in jedem Jahr so überraschend gut sein wie in 2007, auch wenn wir mit Freude registrieren, dass unsere Ansätze für dieses Jahr deutlich übertroffen werden.
Matthias Schimpf hat als Finanzdezernent schon bei der Einbringung des Haushaltsentwurfes im vergangenen Dezember folgendes gesagt: (Zitat)"Aufgrund der Haushaltslage ist auch nach der Umstellung des Rechnungswesens der Konsolidierung
des städtischen Haushalts allerhöchste Priorität einzuräumen."
Ich zitiere weiter: "Festzustellen bleibt, dass aufgrund des negativen Ergebnisses im Ergebnishaushalt von rund 13,3 Millionen (das war im Dezember '07) nach wie vor der eingeschlagene Weg der Konsolidierung weiter konsequent fortgesetzt werden muss." (Zitat ende)
Umso unverständlicher ist uns Ihr Antrag, Herr Apfel, der die Erarbeitung eines fortgeschriebenen HH-Konsolidierungskonzeptes verlangt. Sie selbst zitieren sogar diese Feststellung unseres Finanzdezernenten. Wozu also dieser Antrag?
Im vorgelegten Haushaltskonzept haben wir viele Ansätze deutlichen Sparwillens, der erkennen lässt, dass in Bensheim die Verschuldung nicht verantwortungslos vergrößert wird. Andererseits wind wir wohl alle der Meinung, dass wir uns nicht totsparen wollen. Die beträchtlichen Ausgaben für unsere Stadtbibliothek, die Musikschule, das Hallenbad halten wir für unverzichtbar, wenn unsere Stadt weiterhin attraktiv bleiben soll für Menschen, die ihren Wohnsitz in Bensheim haben oder nehmen wollen, nicht nur wegen der vielen Schulen, der schönen Umgebung, sondern auch wegen der Bildungs- und Freizeitangebote für jüngere und ältere Menschen.
Gestern veröffentlichte der Bergsträßer Anzeiger einen Artikel zur Fortschreibung des Ausbaus der Taunusanlage. Auch hier gibt es und wird es in Zukunft eine Anlage geben, die die sportliche Betätigung von Kindern und Jugendlichen sowie dem Erholungsbedürfnis von Erwachsenen dienen soll. Der zweite Bauabschnitt wird einen Spielplatz erhalten, der sich wesentlich von Plätzen mit Rutsche und Schaukel unterscheiden wird. Ein Angebot an kreatives Spielen wird gemacht wie in den letzten Jahren in verschiedenen Kindertagesstätten. Zu hoffen ist, dass sich auch Senioren einfinden und die Parkanlage genießen werden. Die Information, dass dort eine Kindertagesstätte geplant sei, ist überholt oder falsch. Und hier komme ich zu dem Antrag der Koalition, der einen Sperrvermerk für den Kindergartenneubau in der Weststadt vorsieht. Nach meinen Informationen stehen weder Ort noch Zeitpunkt für den Kiga-Neubau fest, und die Suche nach einem geeigneten Platz ist noch nicht abgeschlossen.
Ich komme zum Thema Parkanlagen und Stadtplanung zurück und möchte in diesem Zusammenhang die Neuplanung des Ortsmittelpunktes Auerbach und des Kroneparks erwähnen. Die Umgestaltung des Bereiches am Wambolter Hof wird ebenfalls in Angriff genommen. Und da stellt sich die Frage, ob der Wambolter Hof in städtischem Besitz bleiben oder verkauft werden sollte. Dazu liegt ein Antrag vom Kollegen Apfel vor, das Gebäude in städtischem Besitz zu behalten.
Wir sind der Meinung, dass ein Verkauf die bessere Lösung wäre. Der Preis für eine notwendige Renovierung, Herr Apfel, wird bedeutend sein. Der Wambolter Hof gilt als gewerbliche Immobilie und hat bleibende vertragliche Bindungen, die den Mieterschutz und den Dankmalschutz betreffen. Sie bleiben bei jeden, auch weiteren, Verkauf uneingeschränkt erhalten. Es kann auch keiner Eigenbedarfsanmeldung stattgegeben werden. Deshalb ist der Verkauf zum Preis von 400 000 Euro anzustreben.
Zum Thema Stadtgestaltung kann ich Ihren weiteren Antrag zum Aufstellen von Bänken hinzunehmen. In allen Plänen, die die Stadtentwicklung betreffen, wird auch das Aufstellen von Bänken mit einbezogen - mit und ohne Rückenlehnen. Dazu bedarf es keines gesonderten Antrags.


Die Koalition ist der Meinung, dass zur Zeit kein Geld für die Umgestaltung des Marktplatzes eingestellt werden sollte, da neben der Entwicklung des Wambolter Platzes keine neue Planung begonnen werden wird. Also beantragen wir die Abplanung der Mittel.
Zum Thema Stadtgestaltung und -entwicklung gehört auch das Projekt "Stadtumbau West". Als herausragendes Beispiel nenne ich die Planung des ehemaligen Güterbahnhofsgeländes, für das ein Investor gefunden wurde. Auch hier soll ein Gelände entwickelt werden, das explizit nicht in Konkurrenz zu den Geschäften der Innenstadt stehen soll, andererseits die Kaufkraft der Bensheimer Bevölkerung an die Stadt binden soll. Im Zuge des Progamms "Stadtumbau West" muss auch über die Zukunft des ehemaligen Bundeswehrdepots entschieden werden. Auch hierzu liegt ein Antrag vor, diesmal von SPD, FDO und Herrn Apfel. Im von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Konzept für den Umbau West war und ist die Entwicklung des Depots enthalten. In der Summe von 280 000 Euro sind Fördermittel des Landes in Höhe von 146 000 Euro inbegriffen. Ohne Anmeldung dieses Geländes wäre der Förderbetrag entsprechend niedriger ausgefallen. Sollte im Bewilligungszeitraum keine Entwicklung gelingen, kann beim Land eine Änderung der Projekte angemeldet werden, da ja schon eine Anmeldung vorliegt. Also wäre eine Zustimmung zu Ihrem Antrag kontraproduktiv.


Zwei weitere Anträge. wieder von SPD, FDP und Herrn Apfel liegen uns vor. Zum einen soll auf den Bau einer Brücke zur Weststadthalle hin verzichtet werden. Es wäre tatsächlich eine Einsparung von etwa 100 000 Euro möglich, wenn die Brücke nicht gebaut würde und nur notwendige Ssicherungsmaßnahmen durchgeführt würden. Hier müssen wir Stadtverordnete abwägen, ob uns die Einsparung einer immerhin beträchtlichen Summe wichtiger ist als die Bereitstellung eines behindertenfreundlichen Zugangs zum oberen Geschoss der Weststadthalle. Behindertengerechte Zugänge zu öffentlichen Gebäuden kosten Geld. Man kann der Meinung sein, ein Aufzug, Rampen oder ein rollstuhlgerechter Eingang zu Gebäuden sei ein unangemessener Luxus. Auch am Bahnhof wird im Herbst 2008 endlich ein Aufzug gebaut, um Behinderten das Betreten oder Befahren des Bahnhofs zu ermöglichen. Wir werden Ihren Antrag, keine Brücke zu bauen, nicht befürworten, um zu zeigen, dass auch Minderheiten in Bensheim ohne Probleme den Bahnhof benutzen oder die Weststadthalle im oberen Geschoss erreichen können. Außerdem stellt bei Großveranstaltungen das Überqueren der Straße durch Gruppen eine Gefahr dar, da eine Fußgängerampel mit normalem Zeittakt eine große Anzahl von Menschen nicht ausreichend schützen kann.
Ich komme zum Bahnhof zurück. Ein Antrag fordert die Streichung der Mittel für die Überwachungskameras. Dazu ist zu sagen, dass die Anschaffung der Kameras im letzten Jahr beschlossen und in Auftrag gegeben wurde. Wir sind der Meinung, dass sich die Situation am Bahnhof zwar beruhigt hat, es aber immer wieder kriminelle Delikte gibt. Stellen Sie sich vor, es ergäbe sich doch wieder eine echte Gefahr. Was wollen Sie dann tun? Wieder die langwierige Prozedur in Gang bringen? Nein, wir wollen zur Sicherheit für die Bensheimer Bürger die Kameras installieren und lehnen den betreffenden Antrag ab.

Es gibt in unserer Stadt Investitionsförderrichtlinien, die eine Deckelung städtischer Zuschüsse festlegt.


Wir sind der Meinung, dass es unsere augenblickliche städtische Finanzsituation erlaubt, ausnahmsweise von diesen Richtlinien abzuweichen. Es geht um die Sanierung von zwei Türmen, die touristische Attraktionen sind und als Wahrzeichen der Stadt und ihrer Umgebung einen großen Wert haben. Beide Türme müssen dringend saniert werden. Für den Hemsbergturm, der offiziell Bismarckturm heißt, wurden seit Jahren keine Zuschüsse erbeten, und auch die Instandsetzung des Melibokusturms sollte in besonderer Weise gefördert werden. Der Melibokusverein selbst bringt den größten Teil der Kosten selber auf.
Da wir uns jahrelang strikt an die Investitionsförderrichtlinien gehalten und zu Amtszeiten von Matthias Schimpf keine Ausnahme gestattet (ich denke auch nicht beantragt) wurde, halten wir diese beiden Ausnahmen als Unterstützung der Werbung für Bensheim für vertretbar.
Den Antrag der FDP die eben erwähnten Richtlinien abzuschaffen, lehnen wir ab. Es gibt Ausnahmen zu jeder Regel, und Ausnahmen sollten nicht dazu führen, diese sinnvolle Regelung abzuschaffen, das wäre völlig unangemessen. Die Richtlinien sind fester Bestandteil unserer Förderprinzipien und sollen es auch bleiben.
Es bleiben einige noch nicht behandelte Anträge:
Der Zuschuss zur Stiftung Ringelband soll gestrichen werden., wird gefordert. Im Haupt- und Finanzausschuss wurde angeregt, dieses Thema im Kuratorium zu besprechen. Dies kommt der Verwaltung entgegen, die wie im vergangenen Jahr bemüht ist, den Zuschuss möglichst niedrig zu halten.


Zwei Anträge der Koalition sind noch zu erwähnen: Die finanzielle Unterstützung des Vereins "Bensheim hilft" soll gestrichen werden, da der Vorstand zur Zeit keinen neuen Bedarf an Geldmitteln hat.
Eingestellt werden aber sollte nach Vorstellung der Koalition Geld für einen Stadthistoriker. Wir hatten jahrelang einen solchen und denken, dass jedes mal interessante Ergebnisse vorgelegt wurden, was die Stadtgeschichte betraf.
Meine Damen und Herren. Zum Schluss meiner Ausführungen komme ich noch kurz auf den Beginn meiner Rede zurück: Bewahrung der Schöpfung, Bewahrung der Natur.
Wir Grüne sind bestrebt, alle Projekte zu fördern, die dieses Ziel erreichen sollen. So haben wir die Baumschutzsatzung auf den Weg gebracht. So befürworten wir die Pflege von Streuobstwiesen und den Ankauf von Naturschutzgrundstücken, die Schaffung und Ausgestaltung von Biotopen, die Renaturierung des Steinbruchs in Hochstädten und dessen Pflege, ebenso Artenschutzmaßnahmen. Wir begrüßen, dass vor Jahren beschlossen wurde, das Geld von der Kiesgewinnung ausschließlich in Naturschutzmaßnahmen fließen zu lassen und befürworten jetzt ausdrücklich die finanzielle Förderung des geplanten Grüngürtels in Bensheims Westen. Die Projekte, die unser Energieberater bearbeitet, sind ebenso wichtig wie die Einrichtung von Photovoltaikanlagen auf Kindergartendächern und die Weiterentwicklung alternativer Energien, Wärmedämmung von Gebäuden und die Förderung einer umweltverträglichen Stadtentwicklung.


Meine Damen und Herren, der vorliegende Haushalt soll dazu dienen, der Bensheimer Bevölkerung gute Lebensbedingungen zu schaffen. Wir glauben, dass er das in diesem Jahr ermöglichen wird.

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